Duale Ausbildung: Sorgen um die Berufsausbildung 2021

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Ausbildungsmarkt sind schon jetzt sichtbar: Für 2021 wird ein radikaler Rückgang an Lehrstellen befürchtet. Ein Modellprojekt in Baden-Württemberg will das verhindern, indem es einen zeitversetzten Ausbildungsstart im Februar ermöglicht.

Von Oktober 2019 bis September 2020 wurden insgesamt 530.300 Ausbildungsstellen gemeldet. Das waren 41.700 weniger als im Vorjahreszeitraum. Der überwiegende Teil sind betriebliche Ausbildungsstellen: Sie verzeichnen ein Minus von 41.500 Lehrstellen.

Weniger Ausbildungsstellen und weniger Azubi-Bewerber

Auch die Zahl der Azubi-Bewerber ist in diesem Zeitraum gesunken: 473.000 Bewerberinnen und Bewerber haben die Ausbildungsvermittlung der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter genutzt – 38.800 weniger als im Vorjahr. Zwar ergibt sich rein rechnerisch ein Überhang an Ausbildungsplätzen: Bundesweit kamen auf 100 gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen 92 gemeldete Bewerberinnen und Bewerber. Da müsste eigentlich jeder und jede mit einem Ausbildungsplatz versorgt werden.

Mehr unversorgte Bewerber und unbesetzte Ausbildungsplätze

Aber in der Realität sieht das Bild ganz anders aus: Ende September 2020 blieben aufgrund der Corona-Krise deutlich mehr Bewerberinnen und Bewerber unversorgt und Ausbildungsstellen unbesetzt als im September 2019. Noch unbesetzt waren vor allem Ausbildungsstellen in Verkaufsberufen, in Berufen von Lebensmittelherstellung und -verkauf sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe.

Im Herbst 2020 nahmen 216.200 junge Menschen eine Berufsausbildung auf – 33.800 weniger als im Vorjahr. Das entsprach einem Anteil von 46 Prozent der Azubi-Bewerber. 17 Prozent wichen auf einen weiteren Schulbesuch aus, ein Praktikum oder ein Studium. Zwei Prozent wählten alternativ eine geförderte Qualifizierung.

Sorge um die Ausbildung im nächsten Jahr

Trotz des negativen Zahlentrends erwartetet die Bundesagentur für Arbeit für 2020 noch keinen "Corona-Jahrgang" bei den Auszubildenden. Große Sorgen macht sich Detlef Scheele, Chef der Bundesagentur für Arbeit, aber für das kommende Jahr, denn: "Die Betriebe melden zurückhaltender Ausbildungsstellen und Praktika." Zudem hänge die Berufsorientierung an den Schulen davon ab, dass die Schulen Berater in die Klassen ließen.

Ausbildungsbündnis in Baden-Württemberg startet Modellversuch

Die Partner des Ausbildungsbündnisses Baden-Württemberg sind deshalb aktiv geworden und haben ein Modellprojekt für einen zeitversetzten Ausbildungsstart initiiert. "Mit dem zeitversetzten Ausbildungsstart geben wir erstmalig die Möglichkeit, im Februar 2021 in das Ausbildungsjahr einzusteigen. Betriebe können sich weiterhin in der Ausbildung engagieren und in die Zukunft investieren, auch wenn sie im Herbst etwa wegen Kurzarbeit noch nicht ausbilden können", kündigte Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut an.

Ausbildungsstart im Februar

Ausbildungsinteressierte Jugendliche in Baden-Württemberg, die nicht auf das nächste Ausbildungsjahr warten wollen, erhalten die zusätzliche Option, im Februar mit der Ausbildung zu starten. Für den zeitversetzten Ausbildungsstart kommen laut Hoffmeister-Kraut alle Ausbildungsberufe in Frage, insbesondere im Hotel- und Gaststättenbereich, im Einzelhandel und im IT-Bereich. Damit kein Unterrichtsstoff versäumt wird oder nachgeholt werden muss, sollen – sofern die notwendige Zahl an Auszubildenden für eine neue Klasse erreicht wird – an einzelnen Berufsschulen gesonderte Klassen eingerichtet werden. Ausbildungsbeginn und -ende verschieben sich dann jeweils um ein halbes Jahr. Interessierte Betriebe sollten sich laut der Ministerin an die zuständige Kammer wenden.

Schulwettbewerb "Bildungspartnerschaften digital"

Die Digitalisierung in der Ausbildung unterstützen will das baden-württembergische Ministerium zudem mit dem Schulwettbewerb "Bildungspartnerschaften digital". Der Wettbewerb soll einen Anreiz bieten, die Potenziale der Digitalisierung für die berufliche Orientierung an den Schulen zu nutzen. Um Jugendliche und Ausbildungsbetriebe besser zusammenzubringen, setzen die Bündnispartner außerdem auf digitale Konzepte in der beruflichen Orientierung und Ausbildungsvermittlung, etwa digitale Bildungsmessen oder Online-Speed-Datings.

Elternkampagne "Ja zur Ausbildung"

Auch die Eltern als sekundäre Zielgruppe beim Azubi-Recruiting werden angesprochen: Gemeinsam mit den baden-württembergischen Industrie- und Handelskammern und mit Unterstützung der Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit startete das Land am 10. November 2020 eine landesweite Plakataktion mit der Botschaft "Ja zur Ausbildung".


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