Diskriminierung in Stellenanzeigen

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ließ 5.667 Stellenanzeigen auf möglicherweise diskriminierende Formulierungen hin untersuchen - und fand dabei nur wenig eindeutig Diskriminierendes. Bei der sogenannten geschlechtersensiblen Ansprache gibt es allerdings noch Nachholbedarf.

Früher waren Stellenanzeigen, in denen eine Sekretärin, ein Lkw-Fahrer oder ein "Berufsanfänger für unser junges Team" gesucht wurde, gang und gäbe. Dank dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sind solche Formulierungen seit 2006 nicht mehr erlaubt. Das Gesetz schreibt vor, dass Bewerbende in Stellenanzeigen nicht aufgrund ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität benachteiligt werden dürfen. Stellenanzeigen müssten also möglichst merkmalsneutral formuliert sein. Zwölf Jahre sind seit Inkrafttreten des AGG nun vergangen. Was hat sich im Hinblick auf Diskriminierung in Stellenanzeigen seither getan?

97,8 Prozent der Stellenanzeigen sind diskriminierungsfrei

In der bislang größten, bundesweiten Erhebung dieser Art werteten Expertinnen und Experten der Antidiskriminierungsstelle des Bundes insgesamt 5.667 Stellenanzeigen aus. Diese stammten aus lokalen und überregionalen Printmedien und von Online-Jobportalen. Fast alle der untersuchten Stellenanzeigen (97,8 Prozent) enthielten keine Diskriminierung; 2,2 Prozent enthielten diskriminierende Inhalte. Die komplette Studie "Diskriminierung in Stellenanzeigen" kann unter www.antidiskriminierungsstelle.de heruntergeladen werden.

Geschlechterdiskriminierung mit Abstand am häufigsten

Von den Annoncen, die eine Diskriminierung enthielten, geht es bei der überwiegenden Mehrheit (rund 80 Prozent) um das Merkmal Geschlecht – die entsprechenden Anzeigen sind hier beispielsweise nicht geschlechtsneutral formuliert und sprechen nur eines der Geschlechter an. 16,8 Prozent der diskriminierenden Anzeigen enthielten Benachteiligungen aufgrund des Alters. Dies umfasst in der Regel Anzeigen, die Altersgrenzen beinhalteten oder explizit nach einem bzw. einer „jungen“ Bewerber/in suchten oder sich selbst als junges Team beschrieben. In acht Prozent aller diskriminierenden Stellenanzeigen spielte das Merkmal ethnische Herkunft eine Rolle. Dabei ging es in allen Fällen um die Anforderung „Deutsch als Muttersprache“. Eindeutig diskriminierende Formulierungen finden sich überproportional in Stellenanzeigen, die von Privathaushalten aufgegeben wurden.

Ein Fünftel der Stellenanzeigen enthält "Diskriminierungrisiken"

Neben diesen sehr konkreten Diskriminierungen untersuchten die Expertinnen und Experten die Gesamtzahl der Anzeigen auch auf Diskriminierungsrisiken. Derartige Anzeigen enthalten aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle zwar rechtlich keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, sie können aber dazu führen, dass sich ganze Gruppen möglicher Bewerbender nicht angesprochen fühlen – beispielsweise durch Fotos, in denen ausschließlich junge Männer mit weißer Hautfarbe zu sehen sind. Hier lag der Anteil mit rund einem Fünftel der Anzeigen deutlich höher als der mit konkreten Diskriminierungen. Diskriminierungsrisiken traten vor allem beim Diskriminierungsmerkmal Geschlecht auf.

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Drittes Geschlecht: Geschlechtersensible Ansprache noch selten genutzt

„Die Studie zeigt, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im Hinblick auf Stellenanzeigen Wirkung zeigt“, sagte Bernhard Franke, geschäftsführender Leiter der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. „Es besteht aber noch Raum für Verbesserungen. So sprechen Arbeitgeber unterrepräsentierte Gruppen kaum gezielt an. Auch der Fokus auf Diversität im Unternehmen wird zu selten positiv hervorgehoben“, ergänzt Franke. „Arbeitgeber müssen zudem künftig nicht nur Männer und Frauen, sondern auch Menschen mit anderen Geschlechtsidentitäten bei Ausschreibungen berücksichtigen – das ist momentan noch kaum der Fall“, ergänzte Franke unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Hintergrund: BverfG-Beschluss zum "dritten Geschlecht"

Das Bundesverfassungsgericht (BverfG) hat am 10. Oktober 2017 (Az.: 1 BvR 2019/16) im Zusammenhang mit §§ 21, 22 Personenstandsgesetz (PStG) einen Entschluss zum dritten Geschlecht gefasst. Danach ist der Gesetzgeber aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2018 das Personenstandsrecht zu ändern, um Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, eine passende Eintragungsmöglichkeit im Geburtenregister zu ermöglichen. Bislang gibt es schon die Möglichkeit, keinen Geschlechtseintrag vorzunehmen (§ 22 Abs. 3 PStG). Das Bundeskabinett hat dazu kürzlich auch einen Gesetzentwurf vorlegt - mit großer Bedeutung auch für das Arbeitsrecht.

Mehr dazu lesen Sie auch in den Beiträgen "Das dritte Geschlecht in Stellenanzeigen" sowie "Arbeitsrechtliche Herausforderungen zum dritten Geschlecht".


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