Geht es um Arbeitsschutz und die Verantwortlichkeiten, werden zunächst die Unternehmensführung, die Führungskräfte und die Fachkraft für Arbeitssicherheit genannt. HR taucht in der Liste eher selten auf und wenn, dann meist ganz weit hinten; dabei hat der Bereich die meisten Schnittstellen mit der Arbeit der Fachkraft für Arbeitssicherheit. Arbeitsschutz und Gesundheit sind thematisch unmittelbar miteinander verbunden. Warum also nicht auch die Unternehmensbereiche Arbeitssicherheit und Gesundheitsmanagement organisatorisch verbinden?

Vieles im Rahmen der Arbeitssicherheit basiert auf Vorschriften und detaillierten Regelungen, mit denen sich Führungskräfte nicht immer gern beschäftigen. Eine Arbeitsplatzbegehung, eine Gefährdungsbeurteilung oder die wiederkehrenden Sicherheitsunterweisungen sind z. B. für viele Beschäftigte und v. a. für Führungskräfte eher ein notwendiges Übel, das Zeit kostet, aber nicht direkt sichtbar auf die Produktivität des Bereichs einzahlt. Sie beschäftigen sich also nicht gern mit den Details, weil sie sich immer wieder neu in die aktuellen Vorgaben einarbeiten müssen. Für die Fachkraft für Arbeitssicherheit hingegen ist dies Tagesgeschäft; sie kennt alle aktuellen Vorschriften, ermittelt und beurteilt Unfallgefahren, berät und hilft bei der Umsetzung von Vorgaben und Maßnahmen und je nach Akzeptanz im Unternehmen wird dem Ruf mehr oder weniger gefolgt. Sie nimmt Unternehmen und Führungskraft damit im besten Fall viel Arbeit und Sorgen ab (nicht aber die Verantwortung).

Das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM), mit dem sich vorrangig HR befasst, ist da etwas weicher und flexibler aufgestellt. Maßnahmen im BGM sind gesetzlich nicht vorgeschrieben, Unternehmen können freier entscheiden, ob und wie sie die recht allgemein formulierten Vorgaben umsetzen wollen. Das führt nicht selten zu fehlender Akzeptanz der Maßnahmen.

Hier liegt die Chance einer Zusammenarbeit von Arbeitsschutz und HR: Der umfassende Mehrwert aller Maßnahmen wird nur im Gesamtkontext greifbar, sichtbar und in der Breite anerkannt. Vorgaben und Richtlinien aus der Arbeitssicherheit allein sind recht hart und trocken, Fitnessstudio und Äpfel sind zu unkonkret und weich. Beides in einem Gesamtansatz verpackt verspricht mehr Akzeptanz durch die Beschäftigten. Denn alles dreht sich um einen gemeinsamen Mittelpunkt: den gesunden Menschen. Heutzutage (in Zeiten von Arbeitskräftemangel, Pandemie, Burnout, Boreout) würde jedes Unternehmen bestätigen, dass die Beschäftigten der wichtigste Erfolgsfaktor sind. Gesund, engagiert, motiviert: zufriedene Mitarbeiter sind die Basis für eine hohe Produktivität und niedrige Krankheitskosten. Damit besteht direkter Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens.

Wo liegen die Schnittstellen beider Bereiche?

  • Untersuchungsergebnisse der Fachkraft für Arbeitssicherheit münden oft in Maßnahmen, deren Umsetzung von HR geplant oder angestoßen wird. Eine enge Abstimmung ist unerlässlich, um wirkungsvoll und nachhaltig zu planen und zu agieren.
  • Viele Unternehmen übertragen einzelne Unternehmerpflichten auf bestimmte Mitarbeiter. So werden in Unternehmen mit dezentralem Filialbetrieb z. B. die Pflichten im Rahmen des Arbeitsschutzes an die jeweiligen Filial-Verantwortlichen übertragen. Dies muss schriftlich festgehalten und dem neuen Verantwortlichen verständlich dargelegt werden.

     
    Praxis-Beispiel

    Fehlende Transparenz bei neuen Verantwortungen und Pflichten

    Die Übertragung von Unternehmerpflichten ist ein häufig unterschätztes Thema. Folgende Situation: Ein junger, talentierter Mitarbeiter wird nach erfolgreich absolviertem Management-Programm zum Filialgeschäftsführer (Filiale einer Handelskette) befördert. Mit der Beförderung wird der Arbeitsvertrag um einen Zusatz ergänzt, der die neuen Konditionen und Aufgaben umfasst. Mit den neuen Aufgaben sind auch Pflichten verbunden, u. a. die Übertragung bestimmter Unternehmerpflichten vom Arbeitgeber auf ihn als neuen Verantwortlichen. Sehr oft gehen diese Punkte als Kleingedrucktes durch, werden nicht explizit besprochen und erst wenn nach einem Arbeitsunfall nach dem Verantwortlichen gefragt wird, werden Verträge gewälzt, um den Schuldigen zu finden. Oft hat die Führungskraft ein Aha-Erlebnis, wenn unterjährig eine Änderung in den Vorgaben kommt und sie ein Schreiben erhält, das auf die neuen Regeln und die Konsequenzen bei Nichtbeachtung hinweist – Konsequenzen, über die sie sich bislang nicht bewusst war.

    Wo liegt der Haken und das Verbesserungspotenzial? Eine Beförderung verspricht meist bessere Konditionen; neue Aufgaben kommen hinzu und die Führungskraft hat alle Hände voll zu tun, sich schnell in das operative Geschäft einzufinden. Wenn sie nicht explizit auf Begleitthemen, wie z. B. die Verantwortung für Arbeitsschutzmaßnahmen, hingewiesen wird, wird sie diese zunächst nicht mit großer Relevanz beachten (sie kennt ja das Geschäft, wurde lange darauf vorbereitet usw.). Was hier hilft, ist eine frühzeitige Sensibilisierung durch die Fachkraft...

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