Bei der Ermittlung des Urlaubsentgelts unterscheidet die Rechtsprechung zwischen dem sog. Zeitfaktor und dem sog. Geldfaktor.[1] Der Zeitfaktor betrifft die Anzahl der am jeweiligen Urlaubstag infolge der Freistellung ausfallenden Arbeitsstunden. Der Geldfaktor beschreibt hingegen den nach Maßgabe des § 11 Abs. 1 BUrlG berechneten Durchschnittsarbeitsverdienst des Bezugszeitraums; soweit der gesetzliche Mindestlohn anstelle eines niedrigeren vertraglichen oder tariflichen Entgelts zu zahlen ist, ist auch dieser Mindestlohn bei der Ermittlung des Geldfaktors zu berücksichtigen.[2] Das zu zahlende Urlaubsentgelt ist das Produkt aus Zeit- und Geldfaktor[3]:

Urlaubsentgelt = Geldfaktor (durchschnittlicher Arbeitsverdienst im Referenzzeitraum) × Zeitfaktor (ausgefallene Stundenzahl)

Die Unterscheidung zwischen Zeitfaktor und Geldfaktor hat Konsequenzen für die Berücksichtigung von Überstunden und Überstundenzuschlägen bei der Berechnung des Urlaubsentgelts.

Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist der durchschnittliche Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Verdienstes zugrunde zu legen. Da aber § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ausschließlich die Bemessung des Geldfaktors betrifft, kann sich nach konsequenter Sichtweise des BAG die nun vom Gesetz vorgeschriebene Nichtberücksichtigung der Überstunden nur bei diesem Geldfaktor, nicht aber beim Zeitfaktor auswirken.

Das BAG hat deshalb ausdrücklich darauf erkannt, dass die Verpflichtung des Arbeitgebers, nach § 1 BUrlG das Entgelt für alle infolge der Arbeitsbefreiung ausfallenden Arbeitsstunden einschließlich der Überstunden zu vergüten, von der Änderung urlaubsrechtlicher Vorschriften unberührt geblieben ist. Die Änderung des § 11 Abs. 1 BUrlG habe den Anspruch auf Entgelt für die während des Urlaubs ausfallenden Überstunden nicht vollständig beseitigt, ihn jedoch eingeschränkt. Vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung seien auch Zuschläge in die Berechnung des Urlaubsentgelts einzubeziehen gewesen. Nach der Gesetzesänderung bestehe hierzu keine Verpflichtung mehr, weil der zusätzlich für Überstunden gezahlte Arbeitsverdienst nun nicht mehr zu berücksichtigen sei.[4]

Im Ergebnis sind also bei der Berechnung des Zeitfaktors (hypothetisch) alle Überstunden zu berücksichtigen, die in dieser Zeit angefallen wären, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hätte.

Bei der Berechnung des Geldfaktors hingegen spielen weder die im Bezugszeitraum geleisteten Überstunden noch ein auf die Überstunden nach tariflichen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarungen zu zahlender Zuschlag eine Rolle. Anders sieht das BAG dies für Entgelte, die der Arbeitgeber Betriebsratsmitgliedern für die außerhalb der individuellen Arbeitszeit erbrachte Betriebsratsarbeit nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 2 BetrVG leistet, weil ein Zeitausgleich aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist.[5]

Solchermaßen gezahlte Vergütung ist bei der Ermittlung des Geldfaktors zu berücksichtigen.

Ordnet ein Tarifvertrag auch die volle Berücksichtigung der Vergütung an, die während Überstunden erzielt wurde, so ist im Zweifel als Divisor auch nicht die tarifliche oder vertragliche Regelarbeitszeit zugrunde zu legen, sondern das tatsächlich in dem Referenzzeitraum geleistete Arbeitsvolumen.[6]

Die Konsequenzen werden in den nachfolgenden Beispielrechnungen deutlich:

 
Praxis-Beispiel

Gleichmäßiges Arbeitseinkommen

Ein Arbeitnehmer ist mit einer regelmäßigen wöchentlichen Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden gegen einen Stundenlohn von 18 EUR beschäftigt. Im 13-Wochenzeitraum vor seinem Urlaub hat er durchschnittlich 3 Überstunden je Woche geleistet. Nach den im Arbeitsverhältnis geltenden Regelungen hat er Anspruch auf einen Überstundenzuschlag von 25 %. Nun nimmt er 3 Wochen Urlaub.

Hieraus ergibt sich folgende Berechnung:

Berechnung Geldfaktor

  1. Als Erstes sei das Wochenentgelt berechnet:

     
    Normalstundenlohn = 38,5 Stunden × 18 EUR/Stunde = 693 EUR
    Überstundenlohn = bleibt unberücksichtigt
    Summe Wochenlohn: 693 EUR

    Es sei unterstellt, dass dieser Verdienst gleichbleibend für alle 13 Wochen des Bezugszeitraums erzielt wurde, der Gesamtverdienst also 693 EUR/Woche × 13 Wochen = 9.009 EUR entspricht. Weichen die wöchentlichen Arbeitszeiten hingegen voneinander ab, so ist die obige Berechnung für jede der 13 Wochen gesondert anzustellen. Anschließend sind die 13 Einzelergebnisse zu addieren.

  2. Als Nächstes ist die Summe der in den 13 Wochen geleisteten Arbeitsstunden, allerdings ebenfalls ohne Überstunden, zu bilden:

    38,5 Normalstunden/Woche × 13 Wochen = 500,5 Stunden

  3. Wird nun der Gesamtlohn der letzten 13 Wochen durch die Gesamtsumme der geleisteten Arbeitsstunden dividiert, so ergibt sich ein Geldfaktor von: 9.009 EUR/500,5 Stunden = 18 EUR/Stunde

Berechnung Zeitfaktor

Hier sind nach der Rechtsprechung des BAG die Überstunden, die angefallen wären, wenn der Arbeitnehmer gearbeitet hätte, nach wie vor zu berücksichtigen!

Hätte der Arbeitnehmer während der 3 Wochen Urlaub ebenfalls die üblichen 3 Übers...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge