Rz. 8

Durch § 29 Abs. 2 Satz 2 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt. Betriebsstätten sind zunächst keine Wohnungen. Sofern also die Notwendigkeit besteht, etwa bei Heimarbeitsplätzen, Beschäftigung in Familienhaushalten oder bei nicht nur gelegentlichem Homeoffice, die Wohnung der Schwangeren zu betreten, wird dies durch § 29 Abs. 2 möglich.

Die Aufsichtsbehörden haben aufgrund der verweisenden Regelung auf § 22 Abs. 2 ArbSchG Zugang zu allen Betriebsstätten und Nebengebäuden, um sich vor Ort ein umfassendes Bild von der Arbeitsumgebung machen zu können. Die Definition der Betriebsstätten findet sich in der Betriebsstättenverordnung. Danach sind nicht nur die Produktionsräume eine Betriebsstätte, sondern auch die Sozialräume, Nebenräume, Flure und Treppenhäuser sowie das Betriebsgelände.

Das Tätigwerden der Behörde und mögliche Betriebsbesichtigungen und -überprüfungen müssen nicht aufgrund eines konkreten Anlasses, etwa einer Schwangerschaftsmeldung oder einer Beschwerde erfolgen, sondern können ohne Anlass angesetzt werden. In der Praxis sind Aktionen auf der Grundlage des Mutterschutzgesetzes nur bei Vorliegen spezifischer Meldungen zu erwarten, hingegen sind allgemeine Arbeitsschutzbesichtigungen auf der Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes eher anzutreffen. Bei solchen Begehungen kann dann die Einhaltung des Mutterschutzgesetzes mit geprüft werden.

 

Rz. 9

Aus § 139b Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 und 6 GewO ergibt sich insbesondere die Befugnis der Aufsichtsbehörde zur jederzeitigen Revision der betrieblichen Anlagen. Dies knüpft an die Entstehungsgeschichte der Gewerbeordnung an, um sicherzustellen, dass von Maschinen und Anlagen keine Gefahr für Leib und Leben der Beschäftigten ausgeht bzw. diese auf ein zulässiges Maß reduziert wird. Der Arbeitgeber ist zu Beginn der Kontrolle zu informieren und seine Anwesenheit ist zu gestatten. Die Kontrolle findet in den Räumen des Arbeitgebers statt. Der Arbeitgeber hat dies gem. § 22 Abs. 2 Satz 6 ArbSchG zu dulden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, das Betreten kann "jederzeit" erfolgen. Außerhalb der regulären Betriebszeiten jedoch nur soweit dies zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist. Die Behördenvertreter sind berechtigt, die Begleitung durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person zu verlangen. Sie sind nach § 22 ArbSchG auch berechtigt, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren festzustellen und dazu notwendige Messungen vorzunehmen. Eine Behinderung der Kontrolle durch den Arbeitgeber stellt gem. § 147 Abs. 1 Nr. 1 OWiG eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einer Geldbuße geahndet werden.[1] Die Behördenvertreter und der Arbeitgeber sind nach § 89 Abs. 1 und 2 BetrVG verpflichtet, den Betriebsrat oder die von ihm bestimmten Mitglieder des Betriebsrats bei allen im Zusammenhang mit dem Arbeitsschutz oder der Unfallverhütung stehenden Besichtigungen und Fragen und bei Unfalluntersuchungen hinzuzuziehen. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat auch bei allen im Zusammenhang mit dem betrieblichen Umweltschutz stehenden Besichtigungen und Fragen hinzuzuziehen. Unter "Hinzuziehen" ist die rechtzeitige Benachrichtigung und Einräumung der Teilnahme zu verstehen. Die tatsächliche Teilnahme ist nicht Voraussetzung für die Durchführung weiterer Schritte.[2]

 

Rz. 10

Darüber hinaus besteht ein umfassendes Auskunftsrecht. Die Gewerbeaufsicht kann vom Betriebsinhaber oder den verantwortlichen Personen nach § 13 ArbSchG die zur Verwirklichung der Überwachungsaufgabe notwendigen Auskünfte sowie die Überlassung von entsprechenden Unterlagen verlangen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 ArbSchG). Im schriftlichen Verfahren können entsprechende Fristen zur Äußerung gesetzt werden. Die zur Auskunftserteilung verpflichtete Person kann die Auskunft zu solchen Fragen oder die Präsentation solcher Unterlagen verweigern, deren Beantwortung oder Vorlage sie selbst oder einen Angehörigen der Gefahr der Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit aussetzen würde. Hierauf muss die Behörde den betreffenden Unternehmer oder Mitarbeiter hinweisen. Gleiches gilt auch für den Schutz von Konstruktions- und Geschäftsgeheimnissen. Jedoch müssen die vorgelegten Unterlagen (Baupläne, Arbeitsbeschreibungen, Sicherheitsdatenblätter, Verfahrensbeschreibungen etc.) so ausreichend sein, dass die Behörde in die Lage versetzt wird, weitere Schritte zu veranlassen. Die Behörde hat dabei ein breites Ermessen hinsichtlich des "Ob" und des "Wie" von geeigneten und für erforderlich gehaltenen Maßnahmen (§ 22 ArbSchG).

Die Aufsichtsbehörde ist gem. § 29 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 139b Abs. 1 Satz 3 GewO zur Geheimhaltung verpflichtet. Die ihr im Rahmen ihrer Tätigkeit zur Kenntnis gelangten Geschäfts- und Betriebsverhältnisse hat sie vertraulich zu behandeln.

 

Rz. 11

Bei der Feststellung von Rechtsverstößen durch den Arbeitgeber hat die Aufsichtsbehörde entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dies kann bspw. eine Verwarnung sein. ...

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