Rz. 5

Das Beschäftigungsverbot kommt nach dem Wortlaut des Gesetzes nur für werdende Mütter in Betracht. Eine Schwangerschaft ist Voraussetzung für das Entstehen des Beschäftigungsverbots. Nach der medizinischen Definition liegt eine Schwangerschaft ab der Einnistung der befruchteten Eizelle vor. Auch eine Bauchhöhlenschwangerschaft führt zur Feststellung einer Schwangerschaft. Eine Schwangerschaft beginnt im Falle einer künstlichen Befruchtung durch In-Vitro-Fertilisation bereits mit dem Einsetzen der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter der Frau.[1] Der Beginn einer Schwangerschaft kann auch rechnerisch festgestellt werden, indem vom voraussichtlichen Geburtstermin (Feststellung als Datum) 280 Tage zurückgerechnet werden, um den Beginn der Schwangerschaft zu markieren. Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 MuSchG gibt der Arzt oder die Hebamme den voraussichtlichen Geburtstermin an und bestätigt diesen im Mutterpass.

Einen Mutterpass erhält eine werdende Mutter in Deutschland ab offizieller Feststellung einer Schwangerschaft von ihrem behandelnden Frauenarzt oder der betreuenden Hebamme. In den Mutterpass werden bis zur Geburt des Kindes alle relevanten Daten zur Gesundheit der Mutter wie Blutgruppe, wichtige Blutwerte wie Eisengehalt, Untersuchungsergebnisse für Erb- und Infektionskrankheiten sowie Befunde über das Kind, wie Lage, Gewicht, Größe und der voraussichtliche Geburtstermin eingetragen. Auch nach der Geburt werden im Mutterpass noch einige wichtige Daten z. B. zum Wochenbett und zu Nachuntersuchungen notiert.

 

Rz. 6

Der Mutterpass ist ein persönliches Dokument der Schwangeren und enthält besonders schutzwürdige medizinische Daten. Daher hat der Arbeitgeber keinen Anspruch auf Vorlage des Mutterpasses. Der Arbeitgeber hat lediglich Anspruch auf Mitteilung der Schwangerschaft und des voraussichtlichen Geburtstermins. Hierüber ist eine separate ärztliche Bescheinigung zu erstellen.

 

Rz. 7

Findet die tatsächliche Entbindung abweichend von den im Mutterpass oder separat getroffenen ärztlichen Feststellungen früher oder später als der errechnete Geburtstermin statt, so ist das für die Fristenwirkung und -berechnung unerheblich.[2] Diese orientieren sich dann am tatsächlichen Geburtstermin. Gleiches gilt für die nachgeburtlichen Fristen nach § 3 Abs. 2 MuSchG, sie beziehen sich immer auf das kalendarisch konkret eingetretene Geburtsereignis. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 10 der Richtlinie 92/85, die die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen bezweckt und in deren Licht das nationale Mutterschutzgesetz auszulegen ist, ist vom frühestmöglichen Zeitpunkt des Vorliegens einer Schwangerschaft auszugehen, um die Sicherheit und den Schutz der schwangeren Arbeitnehmerinnen zu gewährleisten. Dies trifft etwa für die Feststellung einer Schwangerschaft und dem damit verbundenen Kündigungsschutz zu. Das Kündigungsverbot soll verhindern, dass sich die Gefahr, aus Gründen entlassen zu werden, die mit ihrem Zustand in Verbindung stehen, schädlich auf die physische und psychische Verfassung von schwangeren Arbeitnehmerinnen auswirken kann.[3] Daher ist es folgerichtig, auch für die arbeitsplatzbezogenen Schutzzwecke auf eine frühestmöglich feststellbare Schwangerschaft abzustellen.

[1] LAG Sachsen, Urteil v. 7.3.2014, 3 Sa 502/13.
[2] LAG Köln, Urteil v. 30.9.1993, 10 Sa 597/97, NZA 1995, 229.

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