Rz. 33

Anders als in § 11 MuSchG, der in den Sätzen 3 und 4 des ersten Absatzes das Vorliegen einer unverantwortbaren Gefährdung bei Einhaltung von Grenzwerten ausschließt, verwendet § 12 diese gesetzliche Vermutung für den Ausschluss einer unzumutbaren Gefährdung nicht ausdrücklich. Gleichwohl ist auch beim Schutz der Stillenden nach § 12 wie schon beim Schutz der Schwangeren (§ 11 MuSchG) die Einhaltung von Grenzwerten vorzusehen. Danach ist eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber alle Vorgaben einhält, die aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die Gesundheit einer Stillenden oder ihres Kindes nicht beeinträchtigt wird. Auch hier gilt der Grundsatz der Prävention: Der Arbeitgeber darf eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen erst aufnehmen lassen, nachdem eine Gefährdungsbeurteilung vorgenommen wurde und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen wurden.

 

Rz. 34

Sofern keine arbeitsplatzbezogenen Vorgaben vorliegen, sind in allen Fällen im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen die Vorgaben der Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 400).

Diese werden von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua) herausgegeben und laufend aktualisiert. Eine Übersicht findet sich auf der Homepage der baua.[1]

Die TRGS geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Sie werden vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben. Die TRGS konkretisieren im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der GefStoffV.

Die baua veröffentlicht ebenfalls Technische Regeln für Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, so die TRGS 500 zu allgemeinen Schutzmaßnahmen.

Die Technischen Regeln der 900er-Reihe geben Grenzwerte und Einstufungen vor.

Die Beachtung der Technischen Regeln ist unabdingbar, denn über § 4 Ziff. 3 ArbSchG hat der Arbeitgeber den Stand der Technik und Arbeitsmedizin sowie gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen. Dieser Maßstab ist bei der Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung anzulegen.

Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.

 

Rz. 35

Die Verwendung von Gefahrstoffen begründet zunächst einmal eine Gefährdung. Die Vermutung des Ausschlusses einer Gefährdung gilt, wenn – neben der stofflichen Beschreibung – arbeitsplatzbezogene Vorgaben[2] eingehalten werden. Diese sind in den Gefahrstoffverordnungen zu finden und gelten für alle Tätigkeiten, bei denen Berührung mit den Stoffen erfolgen könnte.

Eine Tätigkeit ist jede Arbeit mit Stoffen, Zubereitungen oder Erzeugnissen, einschließlich Herstellung, Mischung, Transport, Gebrauch, Verbrauch, Lagerung, Aufbewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Entsorgung und Vernichtung. Die Möglichkeit des Inkontaktkommens ist also vielfältig und teilweise nicht vorhersehbar.

 

Rz. 36

Die "arbeitsschutzrechtliche Faustformel" ist relativ einfach: Alle Stoffe mit Arbeitsplatzgrenzwerten oder biologischen Grenzwerten sind Gefahrstoffe. Auch wenn gefährliche Eigenschaften nur teilweise vorliegen, wird der Stoff als Gefahrstoff klassifiziert. Werden mehrere Gefahrstoffe verwendet, dann sind Wechsel- oder Kombinationswirkungen mit Einfluss auf die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen. Der Arbeitgeber hat über die in seinem Betrieb eingesetzten Gefahrstoffe ein Verzeichnis zu führen. Es soll einen Überblick über die im Betrieb verwendeten Gefahrstoffe geben und muss auf die zugehörigen Sicherheitsdatenblätter verweisen.

 

Rz. 37

Als arbeitsplatzbezogene Vorgaben sind der jeweilige Arbeitsplatzgrenzwert (AGW) nach § 2 Abs. 8 der Gefahrstoffverordnung (GefStV) und der biologische Grenzwert (BGW) i. S. d. § 2 Abs. 9 GefStV zu berücksichtigen. Auf den Arbeitsplatz bezogen heißt, dass die Grenzwerte nicht überschritten werden dürfen, unabhängig, welche konkrete Person an diesem Arbeitsplatz eingesetzt ist.

Der Arbeitsplatzgrenzwert ist der Grenzwert für die zeitlich gewichtete durchschnittliche Konzentration eines Stoffs in der Luft am Arbeitsplatz in Bezug auf einen gegebenen Referenzzeitraum. Er gibt an, bis zu welcher Konzentration eines Stoffes akute oder chronische schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Beschäftigten im Allgemeinen nicht zu erwarten sind. Arbeitsplatzgrenzwerte sind Mittelwerte, die bei i. d. R. täglich 8-stündiger Anwesenheitszeit (in der ein Beschäftigter den Stoffen ausgesetzt ist) an 5 Tagen pro Woche während der Lebensarbeitszeit anfallen. Solchen Sto...

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