Rz. 77

Sobald eine Frau dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, hat der Arbeitgeber aus diesem Anlass die Gefährdungsbeurteilung unverzüglich zu konkretisieren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen (anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung). Unverzüglich heißt dabei ohne schuldhaftes Zögern. Nur so lässt sich auch vermeiden, dass der Arbeitgeber gegen § 10 Abs. 3 verstößt, denn der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nur diejenigen Tätigkeiten ausüben lassen, für die er die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1 getroffen hat. Ein Verstoß ist nach § 32 Abs. 1 Ziff. 8 MuSchG mit einem Bußgeld belegt.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass nach § 5 ArbSchG ohnehin eine Gefährdungsbeurteilung für jeden Arbeitsplatz vorliegt (anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung). Die Mitteilung über die Schwangerschaft löst damit lediglich die spezifische mutterschutzrechtliche Aktualisierung dieser Gefährdungsbeurteilung aus, die dann unverzüglich vorzunehmen ist.

 

Rz. 78

Mit der Formulierung "Konkretisierung" verweist der Gesetzgeber darauf, dass eigentlich eine grundsätzliche Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes vorliegen und dokumentiert sein müsste, sodass nur eine Konkretisierung hinsichtlich der schwangerschaftsbedingten Gefahren erfolgen müsste. Im Rahmen der Konkretisierung muss der Arbeitgeber die Feststellungen aus der generellen Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach Abs. 1 für den Einzelfall überprüfen und ggf. die erforderlichen Schutzmaßnahmen festlegen. Sofern überhaupt keine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, ist diese spätestens zu diesem Zeitpunkt durchzuführen.

 

Rz. 79

Die Mitteilung über die Schwangerschaft bzw. das Stillen ist zu dokumentieren und sie ist empfangsbedürftig. Die Schwangere oder Stillende hat daher sicherzustellen, dass die Mitteilung den Arbeitgeber auch erreicht. Der Adressat der Mitteilung kann die zuständige betriebliche Leitung sein, die in der Lage und berechtigt ist, die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. Eine Mitteilung an den Betriebsrat oder eine andere unzuständige Stelle ist nicht ausreichend.

§ 10 Abs. 2 Satz 2 verpflichtet den Arbeitgeber, der Frau ein Gespräch über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten. Eine weitere Konkretisierung nimmt der Gesetzgeber nicht vor. Es ist keine Form und keine Frist vorgeschrieben. Durch das verpflichtende Gesprächsangebot soll sichergestellt werden, dass sich der Arbeitgeber frühzeitig mit der konkreten Situation und den praktischen Folgen für die Arbeitsorganisation auseinandersetzt. Die Frau kann das Gesprächsangebot ohne Begründung und ohne Beeinträchtigungen befürchten zu müssen ablehnen.

Es ist keine Form vorgesehen, dennoch ist es empfehlenswert, in einem Protokoll getroffene Festlegungen festzuhalten. Gesprächsinhalte können der Katalog der Maßnahmen aus § 10 Abs. 1 Nr. 2 sein, also Festlegungen zu Änderungen der Arbeitsorganisation bzw. der Arbeitszeiten, oder ein Einsatz in einem anderen, weniger gefährdenden Bereich nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 MuSchG sein.

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