Rz. 1

Die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung durch den Arbeitgeber ist das Kernelement des Mutterschutzrechtes. Durch das Ergebnis einer Gefährdungsbeurteilung soll der Arbeitgeber in die Lage versetzt werden, mögliche Gefährdungen zu erkennen und zu reduzieren. Durch die Erläuterung der Gefährdungsbeurteilung gegenüber der Schwangeren/Stillenden soll diese das Gefährdungspotenzial nachvollziehen können.

§ 10 verpflichtet den Arbeitgeber, eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen und verweist dabei auf § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG), der den Arbeitgeber bereits zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber ohnehin immer verpflichtet, die Anlagen, Maschinen und Arbeitsplätze so einzurichten und zu betreiben, dass eine Gefährdung nach Möglichkeit ausgeschlossen ist. Um die Reichweite einer Gefahr zu erkennen, ist eine Bewertung der Situation, möglicher Gefahrenursachen und Auswirkungen auf die Beschäftigten vorzunehmen und mögliche Gegenmaßnahmen zur Vermeidung, zur Reduzierung oder zum Ausgleich einer Gefährdung festzulegen. Der Arbeitgeber ist für den Arbeitsschutz, dessen Wirkung und die Folgen verantwortlich.

 

Rz. 2

Daher können die entsprechenden Grundsätze nach § 5 ArbSchG zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 herangezogen werden. Mehr noch: durch den ausdrücklichen Verweis auf § 5 ArbSchG will das Mutterschutzgesetz keine eigene Regelungssystematik aufbauen. Die Historie des § 5 ArbSchG und die in den letzten Jahren ausgereiften Aufgaben der Fachkraft für Arbeitssicherheit, der zentralen Rolle der Arbeitsmedizin, der Weiterentwicklung des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM), den Aufgaben der Berufsgenossenschaften – hier vor allem die DGUV Vorschrift 1 als "Grundfeste des Arbeitsschutzes" – können vollumfassend genutzt werden, um die Zielsetzung des MuSchG zu erfüllen.

Im Rahmen der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) haben die beteiligten Interessenträger eine gemeinsame Plattform für die Definition der Vorgaben zu Inhalt und Ausführung der Schutzgesetze geschaffen. Damit soll ein einheitliches Vorgehen gewährleistet werden, damit Arbeitgeber sich darauf einstellen können, was im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu tun ist und worauf die Aufsichtsbehörden bei einer möglichen Prüfung Wert legen. So ist auch eine Handreichung entstanden, die Durchführung und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung beschreibt.[1]

Eine Gefährdungsbeurteilung ist angemessen durchgeführt, wenn die betriebliche Situation des Arbeitsplatzes erfasst und mögliche Gefährdungen zutreffend bewertet sind sowie Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers ausreichend etabliert und geeignet sind, den Schutz von Beschäftigten zu gewährleisten. Ferner muss eine Wirksamkeitskontrolle durchgeführt worden sein. Die Gefährdungsbeurteilung muss ferner aktuell sein und dokumentiert werden.

 

Rz. 3

Die betriebliche Praxis soll auf den bewährten Instrumenten des Arbeitsschutzrechts aufbauen und aus Anlass einer Schwangerschaft die notwendigen Aspekte ergänzen. Die Vorschrift, die dem früheren § 1 MuSchArbV nachgebildet ist, dient dem Zweck, sicherzustellen, dass für jede Tätigkeit, bei der werdende oder stillende Mütter oder ihr Kind gefährdet werden können, rechtzeitig die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Die systematische Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist die Basis für eine wirksame Prävention arbeitsbedingter Unfall- und Gesundheitsgefahren.

Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs. 1 Satz 2 eine Vereinfachung geregelt: Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend. Zunehmend sind Arbeitsplätze in der betrieblichen Praxis mit Hilfe von IT-Systemen erfasst, bewertet und dokumentiert, sodass Veränderungen am Arbeitsplatz und damit Änderungen an den Schutzmaßnahmen einfach erfasst und dokumentiert werden können.

Der Arbeitsschutz ist – vor allem in größeren Betrieben – im Rahmen eines Arbeitsschutzmanagementsystems etabliert, um die notwendige Professionalität im Umgang mit Vorschriften und Maßnahmen zu gewährleisten.

1.1 Ergänzende Rechtsvorschriften

 

Rz. 4

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber aus einer Vielzahl an Vorschriften heraus dazu verpflichtet, Gefährdungen für alle Arbeitnehmer zu vermeiden. Die besondere Gefährdung für die Gesundheit des Kindes, der Schwangeren oder Stillenden erfordert im Mutterschutzgesetz eine ergänzende spezialgesetzliche Regelung. Die mutterschutzrechtlichen Regelungen sind daher im Kontext der ohnehin geltenden Schutzgesetze zu sehen. Der Arbeitsschutz hat an Bedeutung gewonnen, was sich auch an der politischen Positionierung des Themas erkennen lässt. Als zentrales Entscheidungsgremium zur Umsetzung der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) wurde die Nationale Arbeitsschutzkonferenz (NAK) eingerichtet. Diese wurde 2008 durch das in Kraft getretene Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz (UVMG) eingerichtet und ...

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