Rz. 54

Haben Berechtigte den Antrag nicht innerhalb der 3-Monats-Frist gestellt, gibt es neben dem Antrag auf Wiedereinsetzung die Möglichkeit, einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch geltend zu machen. Es ist streitig, ob der Herstellungsanspruch neben der Wiedereinsetzung möglich ist.[1]

 

Rz. 55

Jedenfalls hat der für das BEEG zuständige Senat beim BSG entschieden:

Die Wiedereinsetzung nach § 27 SGB X und das Institut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs sind nebeneinander anwendbar.[2]

Die zitierte Entscheidung ist zwar noch zum BErzGG ergangen. Es bestehen aber keine Zweifel, dass das BSG seine Grundsätze auch auf die Rechtslage nach dem BEEG anwenden wird. Voraussetzungen des Herstellungsanspruchs sind[3]:

  • eine Pflichtverletzung, die der Elterngeldstelle zuzurechnen ist (z. B. falsche Auskunft oder Beratung, fehlerhafte schriftliche Hinweise, auch in Broschüren),
  • ein dadurch beim Berechtigten eingetretener sozialrechtlicher Nachteil (z. B. Anspruchsverlust nach § 7 Abs. 1 Satz 2) sowie
  • die rechtliche Zulässigkeit, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre (typischerweise die rechtzeitige Antragstellung).
 

Rz. 56

Der Herstellungsanspruch gleicht damit (anders als § 27 SGB X) im Wesentlichen die Folgen von Fristversäumnissen aus, die auf Behördenfehlern beruhen. Andererseits ist der Herstellungsanspruch nicht fristgebunden und unabhängig von einem (fahrlässigen) Mitverschulden des Berechtigten. Besteht ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, ist der Berechtigte so zu stellen, als wäre keine Pflichtverletzung erfolgt. Liegt dem Anspruch eine Fehlberatung zugrunde, ist zu prüfen, ob der Berechtigte ohne den Beratungsfehler seinen Antrag früher gestellt hätte. Wenn ja, ist er so zu stellen, als hätte er den Antrag gestellt.

[1] Verneinend: Mutschler, WzS 2009, S. 193, 199; weitere Nachweise bei BSG, Urteil v. 2.2.2006, B 10 EG 9/05 R, BSGE 96, 44, SozR 4-1300 § 27 Nr. 2 Rz. 20.
[2] Vgl. BSG, Urteil v. 2.2.2006, B 10 EG 9/05 R, BSGE 96, 44, SozR 4-1300 § 27 Nr. 2 Rz. 20; Herstellungsanspruch grundsätzlich bejahend, im Einzelfall aber verneinend: LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 21.1.2014, L 11 EG 2860/12; LSG Hamburg, Urteil v. 29.5.2019, L 2 EG 3/19.
[3] Zu den Voraussetzungen: BSG a. a. O. Rz. 28.

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