1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen, unten denen in einem Konzern i. S. d. § 18 Abs. 1 AktienG eine Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung (KJAV) gebildet werden kann (Abs. 1). Abs. 2 enthält Regelungen betreffend die Mitgliederzahl, Abs. 3 regelt die Gewichtung der Stimmen in der KJAV.

 

Rz. 2

§ 73a BetrVG wurde durch das BetrVerf-ReformG 2001 neu in das BetrVG aufgenommen. Die Regelung soll ermöglichen, dass auch auf Konzernebene ein betriebsverfassungsrechtliches Organ gebildet werden kann, welches speziell die Belange der Jugendlichen und Auszubildenden vertritt.[1] Die Bildung der KJAV ist freiwillig.

 

Rz. 3

Die Vorschrift enthält zwingendes Recht. Sie kann nicht durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung abbedungen werden. Eine Ausnahme gilt nur für die in Abs. 4 i. V. m. § 72 Abs. 4–6 BetrVG ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung eine vom Gesetz abweichende Mitgliederzahl und Stimmengewichtung zu regeln.[2]

[1] Fitting/Schmidt u. a., § 73a BetrVG Rz. 1.
[2] S. dazu unten Rz. 20 ff.

2 Stellung der KJAV

2.1 Gegenüber den GesJAV

 

Rz. 4

Die KJAV steht neben den JAV in den einzelnen, zum Konzern gehörenden Unternehmen. Sie ist ihnen weder über- noch untergeordnet. Sie ist zuständig für Angelegenheiten, die die Jugendlichen und Auszubildenden des Konzerns betreffen und die nicht durch die GesJAV in den einzelnen Konzernunternehmen, sondern auf Konzernebene geregelt werden. Insoweit gelten die gleichen Voraussetzungen wie für die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen KBR und GesBR gem. § 54 BetrVG.[1]

[1] S. daher im Einzelnen Kommentierung oben zu § 54 BetrVG.

2.2 Gegenüber dem KBR

 

Rz. 5

Die KJAV hat im Verhältnis zum KBR dieselbe Stellung wie die GesJAV zum GesBR.[1] Auch die KJAV ist kein selbständiges, neben dem KBR bestehendes betriebsverfassungsrechtliches Organ mit selbständigen Vertretungsrechten gegenüber dem Arbeitgeber. Sie hat keine eigenen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte und kann ihre Aufgaben nur durch und über den KBR wahrnehmen. Das Recht, direkt in Verhandlungen mit dem Arbeitgeber zu treten, steht auch ihr nicht zu.

[1] Vgl. dazu Kommentierung zu § 72 BetrVG Rz. 5.

3 Errichtung und Zusammensetzung

3.1 Errichtung

 

Rz. 6

Anders als die Errichtung einer GesJAV[1] ist die Errichtung einer KJAV freiwillig. Sie bietet sich insbesondere dann an, wenn im Konzern ein KBR gebildet wurde.

 

Rz. 7

Eine KJAV kann nur gebildet werden, wenn ein Konzern i. S. d. § 18 AktienG vorliegt und in diesem Konzern mindestens zwei GesJAVen bestehen.[2] Gem. § 73a Abs. 1 Satz 3 tritt an die Stelle der GesJAV die JAV, wenn das Konzernunternehmen nur einen betriebsratsfähigen Betrieb hat und deshalb kein GesBR gebildet werden kann. In diesem Fall können ausnahmsweise auch zwei JAVen eine KJAV bilden.

 

Rz. 8

Jede GesJAV kann die Initiative zur Bildung einer KJAV ergreifen. Es muss nicht zwingend die GesJAV des herrschenden Unternehmens aktiv werden.[3] Die Initiative ist jederzeit möglich.

 

Rz. 9

Die Errichtung erfolgt durch selbstständigen Beschluss der einzelnen GesJAV im Konzern.[4] Innerhalb der GesJAVen werden die Beschlüsse mit einfacher Mehrheit gefasst, wobei das Stimmengewicht zu beachten ist.[5]

Gem. § 73 a Abs. 1 Satz 2 ist erforderlich, dass die GesJAVen der Unternehmen, in denen insgesamt mindestens 75 % der Jugendlichen und Auszubildenden i. S. d. § 60 Abs. 1 BetrVG beschäftigt sind, der Errichtung der KJAV zustimmen. Dieses gesetzliche Quorum kann schon dadurch erreicht werden, dass eine GesJAV der Errichtung zustimmt, sofern diese GesJAV 75 % der Arbeitnehmer i. S. d. § 60 Abs. 1 BetrVG repräsentiert. Bei der Ermittlung der maßgeblichen Beschäftigtenzahl zählen alle Jugendlichen und Auszubildenden im Konzern mit, auch, wenn sie – mangels Bildung einer solchen – nicht durch eine GesJAV oder eine JAV repräsentiert werden. Für die Feststellung des Quorums maßgeblich ist die tatsächliche Zahl von Arbeitnehmern i. S. d. § 60 Abs. 1 BetrVG zum Zeitpunkt der Beschlussfassung.[6]

 

Rz. 10

Da die Errichtung der KJAV freiwillig ist, verstößt eine GesJAV, die sich gegen sie ausspricht, nicht gegen ihre Pflichten. Sie ist allerdings verpflichtet, sich an der Abstimmung über die Errichtung zu beteiligen und, sollte die Errichtung beschlossen und die KJAV gebildet werden, einen Vertreter in die KJAV zu entsenden.[7]

 

Rz. 11

Die KJAV ist – ebenso wie der KBR – eine Dauereinrichtung, die vom Wechsel der jeweiligen Mitglieder unabhängig ist. Daher hat sie auch keine feste Amtszeit. Sie endet nur dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Errichtung entfallen. Sie selbst kann wirksam keinen Auflösungsbeschluss fassen. Allerdings können die entsendenden GesJAVen die Auflösung der KJAV beschließen. Hierzu dürfte mit der h. M. ein Quorum von mindestens 50 % erforderlich sein.[8]

[1] S. dazu Kommentierung zu § 72 Rz. 8.
[2] Zu den Voraussetzungen eines Konzerns i. S. d. § 18 AktienG s. Fitting/Schmidt u. a., § 54 BetrVG Rz. 8 ff.
[3] Fitting/ Schmidt u. a., § 73a BetrVG Rz. 11.
[4] Richardi/Annuß, § 73a BetrVG Rz. 9.
[5] S. Kommentierung zu § 72 Rz. 16 ff.
[6] Fitting/Schmidt u. a., § 73a Bet...

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