Rz. 21

Liegt das herrschende Unternehmen eines Konzerns im Ausland und haben mindestens zwei zum Konzern gehörende Unternehmen ihren Sitz im Inland, so kommt die Bildung eines Konzernbetriebsrats nach zutreffender Ansicht nur dann in Betracht, wenn es sich um einen mehrstufigen Konzern handelt und innerhalb Deutschlands eine Teilkonzernspitze besteht (vgl. BAG, Beschluss v. 14.2.2007, 7 ABR 26/06[1]).

 

Rz. 22

Voraussetzung für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats ist danach, dass innerhalb des Anwendungsbereichs des BetrVG ein zum Konzern gehörendes Unternehmen besteht, dessen Spitze in einem wesentlichen Bereich über eine eigene, originäre Leitungsmacht verfügt (BAG, Beschluss v. 14.2.2007, 7 ABR 26/06[2]). Ein Konzernbetriebsrat kann deshalb nicht errichtet werden, wenn das ausländische Unternehmen die einheitliche Leitung nicht durch Zwischenschaltung einer inländischen Zwischen- oder Teilkonzernspitze, sondern unmittelbar aus dem Ausland ausübt (ebenso BAG, Beschluss v. 14.2.2007, 7 ABR 26/06[3]). Ein Konzernbetriebsrat hätte bei Fehlen einer inländischen Teilkonzernspitze keinen Ansprechpartner, bei welchem Beteiligungsrechte sachgerecht wahrgenommen werden könnten. In diesen Fällen liegt in der Regel zudem kein Defizit in der Interessensvertretung der Arbeitnehmer vor, da regelmäßig die Möglichkeit bestehen wird, Unterrichtungs- und Anhörungsrechte auf der Ebene eines Europäischen Betriebsrats auszuüben (ähnlich LAG Köln, Beschluss v. 10.11.2005, 10 TaBV 15/07[4]).

 
Hinweis

Das Bestehen einer inländischen Teilkonzernspitze für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats führt insbesondere im Zusammenhang mit Umstrukturierungsmaßnahmen international operierender Konzerne zu Gestaltungsmöglichkeiten. Besteht im Inland Bedarf an konzerneinheitlichen Regelungen, so kann es im Einzelfall zweckmäßig sein, eine inländische Teilkonzernspitze einzurichten. Sollte dagegen die Errichtung eines Konzernbetriebsrats aufseiten der Konzernleitung nicht gewünscht sein, dürfte sich nach entsprechender Umstrukturierung im Inland gerade keine Teilkonzernspitze (mehr) befinden. Sofern derartige Maßnahmen allerdings allein der Umgehung von Mitbestimmungsvorschriften dienen, könnten sie als rechtsmissbräuchlich gewertet werden.[5] Dies kann z. B. der Fall sein, wenn das ausländische Mutterunternehmen den konzernrechtlichen Beherrschungsvertrag im Rahmen der Umstrukturierung lediglich pro forma zum Zweck der Verhinderung der Mitbestimmung eines Konzernbetriebsrats abschließt und das inländische Tochterunternehmen tatsächlich überhaupt nicht beherrschen will. Praktisch dürfte dies jedoch kaum nachweisbar sein.[6]

[1] NZA 2007, 999; BAG, Beschluss v. 23.5.2018, 7 ABR 60/16, NZA 2018, 1562; BAG, Beschluss v. 16.5.2007, 7 ARB 63/06, NZA 2008, 320.
[2] BAG, Beschluss v. 27.10.2010, 7 ABR 85/09; BAG, Beschluss v. 23.5.2018, 7 ABR 60/16, NZA 2018, 1562, 1564; NZA 2007, 999, 1004; HWK/Hohenstatt/Dzida, § 54 BetrVG Rz. 9; Richardi/Annuß, § 54 BetrVG Rz. 35.
[3] NZA 2007, 999, 1004; ErfK/Koch, § 54 BetrVG Rz. 7; Richardi/Annuß, § 54 BetrVG Rz. 35; Dzida/Hohenstatt, NZA 2007, 945, 947 f.; Kort, NZA 2009, 464, 468 f.; im Ergebnis auch Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt/Hohenstatt, D 146 f.; a. A. Gaumann/Liebermann, DB 2006, 1157, 1158 f.; Mayer, AuR 2006, 303, 306; kritisch auch Fitting, § 54 BetrVG Rz. 34.
[4] BeckRS 2006, 41415; Dzida/Hohenstatt, NZA 2007, 945, 947.
[5] Vgl. Ullrich, DB 2007, 2710, 2712.
[6] Kort, NZA 2009, 464, 465.

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