Rz. 18

Die gewerbsmäßige Leiharbeit ist im Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG v. 7.8.1972[1]) geregelt. Die nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, das sogenannte Leiharbeitsverhältnis, wird dagegen nur durch einige gesetzliche Vorschriften, wie etwa § 1 Abs. 1 AÜG, § 28a Abs. 4 SGB IV, § 28e Abs. 2 SGB IV erfasst. Diese Vorschriften gelten sowohl für die gewerbsmäßige als auch für die nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung.

 

Rz. 19

Von einem Leiharbeitsverhältnis oder Arbeitnehmerüberlassung spricht man, wenn ein Arbeitgeber (= Verleiher), seinen Arbeitnehmer (= Leiharbeitnehmer), einem Dritten (= Entleiher) zur Arbeitsleistung überlässt.[2]

 

Rz. 20

Betriebsverfassungsrechtlich sind Leiharbeitnehmer grundsätzlich dem Verleiherbetrieb zuzuordnen.[3] Der dort gebildete Betriebsrat ist zuständig für alle Angelegenheiten, die sich aus dem arbeitsvertraglichen Grundverhältnis zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer ergeben, wie etwa Fragen des Entgelts, des Urlaubs oder der Kündigung.[4] Die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Entleiherbetriebs verlangte seit jeher zumindest teilweise die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung auch zu diesem Betrieb. Für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung folgt dies aus § 14 AÜG, wo jedoch zwischenzeitlich durch Art. 2 des Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes in § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG der Ausschluss der Wahlberechtigung der Leiharbeitnehmer gestrichen wurde.

 

Rz. 21

Über § 7 Satz 2 BetrVG wird erreicht, dass Leiharbeitnehmer künftig wahlberechtigt zum Betriebsrat im Entleiherbetrieb sind, wenn sie länger als 3 Monate im Entleiherbetrieb eingesetzt werden sollen. Ob derjenige, der in einem Betrieb wahlberechtigt ist, auch als Arbeitnehmer i. S. d. Betriebsverfassungsrechts zu werten ist, bleibt fraglich, denn ein Arbeitsverhältnis wird zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiherbetrieb bzw. Entleiherunternehmen regelmäßig nicht begründet (abgesehen vom Sonderfall des § 10 Abs. 1 AÜG), weshalb es insoweit an dem wesentlichen Begriffsmerkmal für den Arbeitnehmerbegriff fehlt, nämlich dem Arbeitsvertrag zwischen Leiharbeiter und Entleiher.

 

Rz. 22

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt der Arbeitnehmerbegriff des § 5 BetrVG voraus, dass der betreffende Beschäftigte in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber steht und in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert ist (ständige Rechtsprechung etwa BAG, Beschluss v. 19.6.2001, 1 ABR 43/00[5]; BAG, Beschluss v. 15.3.2006, 7 ABR 39/05). Daran fehlt es bei einem Leiharbeitnehmer, denn eine arbeitsvertragliche Beziehung mit dem Entleiherbetrieb besteht gerade nicht (BAG, Urteil v. 25.10.2000, 7 AZR 487/99[6]). Folgerichtig hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer nach § 7 Satz 2 BetrVG diese nicht zu betriebsangehörigen Arbeitnehmern werden (BAG, Beschluss v. 16.4.2003, 7 ABR 53/02[7] und v. 22.10.2003, 7 ABR 3/03[8]). Zutreffend weist das Bundesarbeitsgericht darauf hin, dass ausweislich der Gesetzesbegründung[9] es Ziel der Neuregelung ist, Leiharbeitnehmer betriebsverfassungsrechtlich aus der Randbelegschaft an die Stammbelegschaft heranzuführen, ohne sie in rechtlich unzutreffender Weise als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs einzustufen (BAG, Beschluss v. 16.4.2003, 7 ABR 53/02[10]; BAG, Beschluss v. 22.10.2003, 7 ABR 3/03[11]; BAG Beschluss v. 10.3.2004, 7 ABR 49/03[12]). Damit bleibt es dabei, dass Leiharbeitnehmer unter der Voraussetzung des § 7 Satz 2 BetrVG im Entleiherbetrieb das aktive Wahlrecht erhalten, ohne jedoch zugleich betriebsverfassungsrechtlich als Arbeitnehmer desselben Entleiherbetriebs im Sinne des § 5 BetrVG zu gelten. Diese Rechtsprechung steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hatte bereits im Dezember 2001 entschieden (BVerwG, Urteil v. 13.12.2001, 5 C 26/01[13]), dass die Neufassung des § 7 Satz 2 BetrVG an den arbeitsvertraglichen Beziehungen nichts geändert hat. Zum Problem der Wahlberechtigung von Leiharbeitnehmern vgl. auch § 7 Rz. 10.

Allerdings ist zu beachten, dass nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Leiharbeitnehmer bei betriebsverfassungsrechtlichen Schwellenwerten, wie der Ermittlung der Zahl der Arbeitnehmer für die Betriebsratsgröße nach § 9 BetrVG (BAG, Beschluss v. 13.3.2013, 7 ABR 69/11; BAG, Beschluss v. 15.12.2011, 7 ABR 65/10) oder für die Zahl der Beschäftigten nach § 111 BetrVG (BAG, Urteil v. 18.10.2011, 1 AZR 335/10) mitzuzählen sind.

Da der Leiharbeitnehmer in die Arbeitsorganisation des Entleiherbetriebs eingegliedert ist, kommt es für die Frage, welcher Betriebsrat – der des Entleiherbetriebs oder der des Verleiherbetriebs – für die Regelung mitbestimmungspflichtiger Angelegenheiten zuständig ist, darauf an, was Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist und, ob der Verleiher oder der Entleiher die mitbestimmungspflichtige Entscheidung trifft (BAG, B...

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