1 Anwendungsbereich

 

Rz. 1

§ 17 BetrVG regelt die Bestellung des Wahlvorstands in den Fällen, in denen in einem betriebsratsfähigen Betrieb kein Betriebsrat existiert. § 17 BetrVG findet sowohl Anwendung, wenn noch nie ein Betriebsrat bestanden hat als auch wenn die Amtszeit eines früheren Betriebsrates bereits abgelaufen ist, ohne dass ein neuer Betriebsrat gewählt worden ist oder die Betriebsratswahl zumindest eingeleitet wurde. Auch bei Neuwahlen nach rechtskräftiger Anfechtung oder Nichtigerklärung einer vorangegangenen Betriebsrats richtet sich die Bestellung eines neuen Wahlvorstands nach § 17 BetrVG.

Eine erste Sonderregelung enthält § 17a BetrVG. Diese Bestimmung enthält Sondervorschriften für die Bestellung des Wahlvorstands im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a BetrVG. Ferner enthält § 18 Abs. 1 BetrVG eine abschließende Sonderregelung für den Fall, dass ein Wahlvorstand seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, er kann dann ausschließlich auf Antrag durch das Arbeitsgericht ersetzt werden.

2 Bestellung des Wahlvorstands durch Gesamt- oder Konzernbetriebsrat

 

Rz. 2

Mit dem Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom 23. Juli 2001[1] wurden dem Gesamtbetriebsrat oder – falls ein Gesamtbetriebsrat nicht existiert – dem Konzernbetriebsrat ein Vorrang für die Bestellung des Wahlvorstands in betriebsratslosen Betrieben gewährt, § 17 Abs. 1 BetrVG und § 17 Abs. 2 Satz 1 BetrVG erster Halbsatz. Gesamt- oder Konzernbetriebsrat haben dieselben Aufgaben und Befugnisse, die § 16 Abs. 1 BetrVG dem amtierenden Betriebsrat bei der Bestellung des Wahlvorstands gewährt. Sie können insbesondere die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Sie können ferner Ersatzmitglieder bestellen.

Dem Gesamtbetriebsrat wird von Teilen der Rechtsprechung ein Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG über etwaige betriebsratslose Betriebe eingeräumt (LAG Nürnberg, Beschluss v. 25.1.2007, 1 TaBV 14/06[2]).

In einen solchermaßen bestellten Wahlvorstand kann auch jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft einen betriebsangehörigen Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied entsenden, sofern ihr nicht ein ordentliches Wahlvorstandsmitglied angehört (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, § 16 Abs. 1 Satz 6 BetrVG).

Weder Gesamt- noch Konzernbetriebsrat sind berechtigt, informationshalber Betriebsversammlungen in dem betriebsratslosen Betrieb abzuhalten oder dazu einzuladen (BAG, Beschluss vom 16.11.2011, 7 ABR 28/10).

Wird der Wahlvorstand durch einen nicht mehr existenten Gesamt- oder Konzernbetriebsrat bestellt, so ist die Bestellung nichtig (LAG Düsseldorf, Beschluss v. 9.1.2012, 14 TaBV 69/11).

[1] BGBl. I, Seite 1852.
[2] Ebenso Fitting, § 17 BetrVG Rz. 9.

3 Bestellung des Wahlvorstands durch Betriebsversammlung

3.1 Voraussetzungen

 

Rz. 3

Die Wahl des Wahlvorstands durch Betriebsversammlung ist vom Gesetz als eine nachrangige Lösung ausgestaltet worden. Gehört der betriebsratslose Betrieb zu einem Unternehmen mit Gesamtbetriebsrat oder – falls dies nicht der Fall ist – gehört das Unternehmen mit dem betriebsratslosen Betrieb in einen Konzernverbund mit Konzernbetriebsrat, so haben zunächst Gesamt- oder Konzernbetriebsrat den Vorrang für die Bestellung des Wahlvorstands.[1] Mindestens drei wahlberechtigte Arbeitnehmer oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können grundsätzlich nur dann zur Wahl des Betriebsrates in einer Wahlversammlung einladen, wenn weder Gesamtbetriebsrat noch Konzernbetriebsrat existieren.

Als Ausnahme von diesem Grundsatz darf die Betriebsversammlung nur und erst einberufen werden, wenn Gesamt- oder Konzernbetriebsrat die Bestellung des Wahlvorstands unterlassen. Das Gesetz lässt offen, wann dieser Zeitpunkt eintritt. Gesamt- oder Konzernbetriebsrat können frühestens aktiv werden, wenn der Betrieb gegründet wird oder in anderer Weise in den Unternehmens- oder Konzernverbund gelangt. Ferner ist erforderlich, dass der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat Kenntnis von dem betriebsratslosen Betrieb erlangt. Selbst nachdem dies der Fall ist, schreibt § 17 Abs. 1 BetrVG nicht vor, dass der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat einen Wahlvorstand in dem betriebsratslosen Betrieb unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB) zu bestellen habe. Es ist damit in das Ermessen des Gesamt- oder Konzernbetriebsrates gestellt, mit welcher Gewichtung er seine Aufgaben erfüllt. Dem Gesamt- oder Konzernbetriebsrat ist daher mindestens die Zeitspanne zu gewähren, die dem Betriebsrat für die Alleinzuständigkeit für die Bestellung des Wahlvorstands durch § 16 Abs. 1 BetrVG einerseits und § 16 Abs. 2 und 3 BetrVG andererseits gewährt wird. Ab Zugang der Information über die Betriebsratlosigkeit eines Betriebes haben Gesamt- oder Konzernbetriebsrat demzufolge mindestens vier Wochen Zeit, in alleiniger Kompetenz einen Wahlvorstand zu bestellen. Erst im Anschluss daran kann eine Betriebsversammlung durchgeführt werden.

[1] Siehe oben Rz. 2.

3.2 Einberufung und Durchführung der Betriebsversammlung

 

Rz. 4

Nach § 17 Abs. 3 BetrVG können (mindestens) 3 wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zu einer Betriebsversammlun...

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