Rz. 136

Durchsetzen kann der Arbeitnehmer den Weiterbeschäftigungsanspruch sowohl durch Klage als auch im Wege der einstweiligen Verfügung. Der Arbeitnehmer muss die anspruchsbegründenden Tatsachen glaubhaft machen, wozu der Ausspruch der ordentlichen Kündigung die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats, dessen form- und fristgerechter Widerspruch, die Klageerhebung sowie das Weiterbeschäftigungsverlangen zählen.[1] Falls der Arbeitgeber die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 2 BetrVG bestreitet, muss der die Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG einklagende Arbeitnehmer sich zumindest dann näher äußern, wenn der Betriebsratsvorsitzende auskunftsbereit ist (LAG Nürnberg, Urteil v. 17.8.2004, 6 Sa 439/04[2]).

 

Rz. 137

Erwirkt der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht die Verurteilung des Arbeitgebers zur vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits, so ist es ihm bei einer betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigung grundsätzlich nicht unzumutbar (§ 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG), der Aufforderung des Arbeitgebers nachzukommen, die Beschäftigung entsprechend der arbeitsgerichtlichen Entscheidung vorläufig wieder aufzunehmen. Bei einer verhaltensbedingten, insbesondere außerordentlichen Kündigung können Art und Schwere der gegenüber dem Arbeitnehmer erhobenen Vorwürfe zwar die Unzumutbarkeit der Weiterarbeit begründen, der Arbeitnehmer muss aber die etwa noch bestehende Gefahr von Unzuträglichkeiten einer Beschäftigung vor einer abschließenden gerichtlichen Entscheidung schon deswegen aushalten, weil er in Kenntnis aller Umstände die Verurteilung der Beklagten zur vorläufigen Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits beantragt und erwirkt hat. Mit der Antragstellung gibt er zu erkennen, dass ihm die vorläufige Weiterbeschäftigung zumutbar ist (BAG, Urteil v. 24.9.2003, 5 AZR 500/02[3]). Der Arbeitnehmer muss dann schon konkret begründen, warum ihm die Weiterbeschäftigung nicht (mehr) zumutbar sein soll.

 

Rz. 138

Bei einer einstweiligen Verfügung bedarf es der Darlegung eines besonderen Verfügungsgrundes außer dem des drohenden Zeitablaufs nicht[4] (LAG München, Urteil v. 16.8.1995, 9 Sa 543/95[5]). Wird der Weiterbeschäftigungsanspruch nicht zeitnah erfüllt, droht in der Regel der endgültige Rechtsverlust.

Der Arbeitgeber kann sich nicht im Wege der Einrede auf solche Gründe berufen, die eine Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht rechtfertigen könnten, da hierfür das besondere Verfahren nach § 102 Abs. 5 Satz 2 BetrVG vorgesehen ist (h. M.; LAG München, Urteil v. 16.8.1995, 9 Sa 543/95).

 

Rz. 139

Die Vollstreckung des Weiterbeschäftigungsanspruchs erfolgt gem. § 888 ZPO durch Verhängung von Zwangsgeld oder Zwangshaft gegenüber dem Arbeitgeber, sofern der Tenor des gerichtlichen Urteils ausreichend bestimmt ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber "zur Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen" verurteilt wird; erforderlich ist eine inhaltliche Bezeichnung der Tätigkeit. Steht fest, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nicht weiterbeschäftigt werden kann, weil etwa der Arbeitsplatz wegen Stilllegung des Betriebs oder eines Betriebsteils ersatzlos entfallen ist, ist eine Vollstreckung unzulässig, da der Arbeitgeber seiner Beschäftigungspflicht nicht nachkommen kann.

[1] DKK/Kittner/Bacher, § 102 Rz. 265, 266; KR/Etzel, § 102 BetrVG Rz. 222; Fitting, § 102 Rz. 116 i. V. m. Rz. 106; APS/Koch, § 102 BetrVG, Rz. 212.
[2] NZA-RR 2005, 255.
[3] NZA 2004, 90.
[4] H. M. APS/Koch, § 102 BetrVG Rz. 213.
[5] DKK/Kittner/Bacher, § 102 Rz. 266 b.

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