Rz. 9

§ 67 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gibt der JAV ein besonderes Teilnahmerecht. Unter den dort genannten Voraussetzungen ist die gesamte JAV berechtigt, an den Sitzungen des BR teilzunehmen. Das gilt auch für solche, die virtuell als Video- oder Telefonkonferenz durchgeführt werden. Präsenzsitzungen sind allerdings grundsätzlich vorrangig, § 31 BetrVG. Der BR hat gegenüber dem Arbeitgeber einen Anspruch darauf, dass ihm hinreichend große Räume, in denen BR-Sitzungen unter Hinzuziehung der Mitglieder der JAV stattfinden können, zur Verfügung gestellt werden.[1]

 

Rz. 10

Voraussetzung für das besondere Teilnahmerecht ist, dass in der BR-Sitzung Angelegenheiten behandelt werden, die besonders jugendliche und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte betreffen. Der Begriff "besonders" ist nach überwiegender Meinung weit auszulegen. Danach ist eine Angelegenheit selbst dann "besonders" i. S. d. § 67 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, wenn von ihr zwar nicht überwiegend jugendliche oder zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte betroffen sind, diese aber in besonderer Weise.[2]

 

Rz. 11

Die Voraussetzung einer "besonderen Betroffenheit" ist erfüllt bei Angelegenheiten, die für jugendliche und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte in dieser ihrer Eigenschaft von spezieller Bedeutung sind.[3]

 

Beispiele für entsprechende Beratungsgegenstände in der BR-Sitzung

  • Regelungen, die den Schutz von jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten betreffen (z. B. JArbSchG, BBiG etc.),
  • Regelungen betreffend die Wahl und Tätigkeit der JAV,
  • Diskussion über Angelegenheiten, die wegen ihrer altersspezifischen Bedeutung für die jugendlichen und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigen von besonderem Interesse sind (z. B. Berücksichtigung der Berufsschulferien bei der Festlegung des Urlaubsplans).

Die Angelegenheit muss nicht ausschließlich oder überwiegend jugendliche oder zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte betreffen, sondern lediglich in ihrem Schwerpunkt.[4] Daneben können auch andere Arbeitnehmer von der Angelegenheit betroffen sein.

Neben Maßnahmen kollektiven Charakters können nach h. M. auch personelle Einzelmaßnahmen "besondere Angelegenheiten" i. S. d. § 67 Abs. 1 Satz 2 BetrVG sein. Voraussetzung ist, dass die personelle Einzelmaßnahme einen jugendlichen oder zur Berufsausbildung Beschäftigten betrifft.[5]

 

Rz. 12

Das besondere Teilnahmerecht der gesamten JAV beschränkt sich auf die speziellen Tagesordnungspunkte der BR-Sitzung, die besondere Angelegenheiten betreffen. Nur, soweit und solange diese Tagesordnungspunkte behandelt werden, haben alle Mitglieder das Recht zur Teilnahme an der Sitzung, danach kann nur noch der Vertreter der JAV[6] an der Sitzung teilnehmen.[7]

 

Rz. 13

Auch das besondere Teilnahmerecht gewährt den Mitgliedern der JAV kein volles Stimmrecht im BR, sondern nur das Recht auf beratende Teilnahme. Die Mitglieder der JAV haben aber uneingeschränktes Rederecht, das ihnen nur unter denselben Voraussetzungen wie den Mitgliedern des BR vom Vorsitzenden entzogen werden darf.

 

Rz. 14

Gem. § 67 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist die gesamte JAV bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Teilnahme an den BR-Sitzungen berechtigt. Dies gilt auch dann, wenn die JAV mehr Mitglieder haben sollte als der BR.[8] Der Vorsitzende des BR hat jedes Mitglied der JAV einzeln unter Mitteilung der Tagesordnung zur Sitzung einzuladen. Im Verhinderungsfall hat das Mitglied der JAV hierüber den BR-Vorsitzenden unverzüglich zu informieren. Der BR-Vorsitzende hat in diesem Fall das nächstfolgende Ersatzmitglied der JAV unter Berücksichtigung der Quote gem. § 62 Abs. 3 BetrVG[9] zu laden. Der BR-Vorsitzende muss die Mitglieder der JAV selbst laden, allenfalls kann er sich hierbei von seinem gewählten Stellvertreter vertreten lassen. Auf den Vorsitzenden der JAV kann er hingegen diese Pflicht nicht delegieren.[10]

Werden alle oder einzelne Mitglieder der JAV nicht oder nicht rechtzeitig geladen und nehmen sie daher nicht an der BR-Sitzung teil, ist ein ohne ihre Anwesenheit gefasster Beschluss nicht unwirksam. Da die Mitglieder der JAV ohnehin nur mit beratender Stimme an der BR-Sitzung teilnehmen können, hat ihre Nichtteilnahme keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit von in der Sitzung gefassten Beschlüssen.[11] Allerdings kann die JAV in diesem Fall einen Aussetzungsantrag gem. § 66 BetrVG stellen.[12]

Darüber hinaus handelt ein BR-Vorsitzender, der die Mitglieder der JAV nicht ordnungsgemäß zur Sitzung lädt, pflichtwidrig. Liegt darin ein grober Pflichtverstoß (z. B. im Wiederholungsfall), kann der BR-Vorsitzende gem. § 23 Abs. 1 BetrVG aus dem BR ausgeschlossen werden.

 

Rz. 15

Ebenso wie das Teilnahmerecht des Vertreters der JAV[13] bezieht sich auch das Teilnahmerecht der gesamten JAV grundsätzlich nur auf die Plenarsitzungen des BR. Nach h. M. können jedoch, wenn dem Betriebsausschuss oder einem anderen Ausschuss des BR besondere Angelegenheiten i. S. d. § 67 Abs. 1 Satz 2 BetrVG übertragen werden, so viele Mitglieder des JAV an den Ausschusssitzungen, in den...

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