Rz. 39

Eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats besteht auch im Bereich der Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten.

2.4.4.1 Wirtschaftsausschuss

 

Rz. 40

Bestehen in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte, so kann nur der Gesamtbetriebsrat den Wirtschaftsausschuss bilden. In einem Unternehmen kann nur ein Wirtschaftsausschuss bestehen. Wird ein Gesamtbetriebsrat gesetzeswidrig nicht gebildet, so kann ein Wirtschaftsausschuss nicht errichtet werden, diese Aufgabe fällt dann nicht den Einzelbetriebsräten zu. Vielmehr ist zunächst die Bildung des Gesamtbetriebsrats nachzuholen, der dann den Wirtschaftsausschuss bestellt. Besteht in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben aber nur ein Betriebsrat, so hat dieser unter den Voraussetzungen des § 106 Abs. 1 BetrVG den Wirtschaftsausschuss zu bilden. Wird sodann in dem Unternehmen ein weiterer Betriebsrat gegründet, ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten, der dann den Wirtschaftsausschuss bildet.

Bei Bildung des Wirtschaftsausschusses durch den Gesamtbetriebsrat ist dieser für die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses nach §§ 107 Abs. 2 Satz 2 und 3 BetrVG zuständig, er kann dann bei Streitigkeiten die Einigungsstelle nach § 109 Satz 1 BetrVG anrufen. Ist ein Gesamtbetriebsrat aufgrund nicht wirksamer Errichtung als nichtig anzusehen, kann keine wirksame Bestellung von Mitgliedern des Wirtschaftsausschusses erfolgen, so dass der Wirtschaftsausschuss mangels wirksamer Errichtung nicht beteiligt werden muss.[1]

Der Gesamtbetriebsrat kann aus § 110 Abs. 1 BetrVG keinen Anspruch auf Unterrichtung der Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Lage und Entwicklung des Unternehmens herleiten, da dies nach dem Wortlaut der Vorschrift allein dem Arbeitgeber obliegt (BAG, Urteil v. 14.5.2013, 1 ABR 4/12 [2]).

2.4.4.2 Betriebsänderung

 

Rz. 41

Die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte bei Betriebsänderungen (§§ 111 ff. BetrVG) obliegt nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die das gesamte Unternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und notwendigerweise nur einheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden können (BAG, Beschluss v. 3.5.2006, 1 ABR 15/05[1]). Das kann der Fall sein bei der Stilllegung aller oder mehrerer Betriebe oder der Zusammenlegung von Betrieben. Der betriebsübergreifende Regelungsbedarf bestimmt sich jedoch nicht nach dem Inhalt des erst auszuhandelnden Interessenausgleichs, sondern nach der vom Arbeitgeber geplanten Maßnahme (BAG, Urteil v. 11.12.2001, 1 AZR 193/01[2]).

[1] NZA 2007 S. 1245, 1247, Rz. 26; ErfK/Koch, § 50 BetrVG Rz. 6.
[2] NZA 2002 S. 688, 690.

2.4.4.2.1 Interessenausgleich

 

Rz. 42

Wird ein geplanter Personalabbau auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Reorganisationskonzepts durchgeführt und sind mehrere Betriebe betroffen, so dass das Verteilungsproblem betriebsübergreifend gelöst werden muss, ist der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig (BAG, Urteil v. 7.7.2011, 6 AZR 248/10[1]; BAG, Urteil v. 19.6.2007, 2 AZR 304/06[2]; BAG, Beschluss v. 23.10.2002, 7 ABR 55/01[3]).

 

Rz. 43

Ist der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig, folgt hieraus seine Zuständigkeit auch für die Vereinbarung der Namensliste nach § 1 Abs. 5 KSchG. Diese ist Teil des Interessenausgleichs, ihre Vereinbarung fällt in den Zuständigkeitsbereich des Gremiums, das für den Abschluss des Interessenausgleichs zuständig ist (BAG, Urteil v. 19.7.2012, 2 AZR 386/11[4]). Da im Gesamtbetriebsrat die örtlichen Betriebe angemessen vertreten sind, ist auch für den für die Erstellung einer Namensliste notwendigen örtlichen Sachverstand gesorgt[5].

[1] NZA 2011 S. 719.
[2] NZA 2008 S. 103.
[4] NZA 2013 S. 333; ErfK/Koch, § 50 BetrVG, Rz. 6.
[5] ErfK/Koch, § 50 BetrVG, Rz. 6.

2.4.4.2.2 Sozialplan

 

Rz. 44

Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss eines Interessenausgleichs folgt aber nicht ohne Weiteres seine Zuständigkeit auch für den Abschluss eines Sozialplans. Vielmehr ist gesondert zu prüfen, ob der Ausgleich oder die Abmilderung der durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile zwingend unternehmenseinheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden muss. Maßgeblich hierfür ist der Inhalt de Interessenausgleichs. Regelt ein mit dem Gesamtbetriebsrat nach § 50 Abs. 1 BetrVG vereinbarter Interessenausgleich eine Betriebsänderung, die sich nur auf einen Betrieb beschränkt oder werden die Betriebe durch die Betriebsänderung unterschiedlich und unabhängig voneinander betroffen, so ist ein unternehmensweit zu findender Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile im Sozialplan nicht zwingend. In diesem Fall verbleibt es bei der Zuständigkeit der von der Betriebsänderung jeweils betroffenen Betriebsräte. Erfassen die im Interessenausgleich vereinbarten Betriebsänderungen hingegen mehrere oder sogar sämtliche Betriebe des Untern...

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