Rz. 6

Eine vorläufige Einstellung oder Versetzung kann nur vorgenommen werden, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist (§ 100 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Diese Voraussetzung ist dann gegeben, wenn es mit einem ordnungsgemäßen betrieblichen Ablauf nicht vereinbar ist, dass ein Arbeitsplatz für längere nicht vorhersehbare Zeit unbesetzt bleibt[1], wenn also ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber im Interesse des Unternehmens alsbald handeln müsste und die geplante Maßnahme keinen Aufschub verträgt.[2] Ein allgemeines Interesse, dass der Arbeitnehmer die Arbeit zum vereinbarten Zeitpunkt aufnimmt, genügt nicht.[3]

 

Beispiele für dringende sachliche Gründe:

  • Einstellung eines im Betrieb nicht vorhandenen EDV-Spezialisten
  • Ersetzung eines fristlos gekündigten Arbeitnehmers
  • (befristete) Einstellung von Aushilfskräften, da der Betriebsrat die Genehmigung von (objektiv) notwendigen Überstunden verweigert
  • sofortige Versetzung in die Lohnbuchhaltung, um die monatliche Lohnabrechnung sicherzustellen (BAG, Beschluss v. 7.11.1977, 1 ABR 55/77)
 

Rz. 7

Unerheblich ist grundsätzlich, ob den Arbeitgeber ein Organisationsverschulden an der betrieblichen Notwendigkeit der Einstellung oder Versetzung trifft, d. h. ob die Notwendigkeit der vorläufigen Durchführung bei "besserer" Organisation und Planung des Arbeitgebers zu vermeiden gewesen wäre.[4] Dem Arbeitgeber steht es frei, wie er seinen Betrieb organisiert und wie er seine Personalplanung durchführt. Es ist weder Aufgabe des Betriebsrats noch des Arbeitsgerichts zu überprüfen, ob sich der Arbeitgeber durch ungenügende Personalplanung selbst in Zugzwang setzt.[5] Zudem ist es objektiv kaum feststellbar, wann im Einzelfall eine "genügende" oder "sorgfältige" Personalplanung vorliegt. Ein sachlicher Grund liegt nur dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber bewusst eine Lage herbeiführt, die eine vorläufige Einstellung oder Versetzung notwendig macht.[6] Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn der Arbeitgeber trotz längerer Kenntnis der Notwendigkeit einer Versetzung den Betriebsrat nicht mindestens eine Woche vor Durchführung der geplanten Maßnahme informiert.[7]

 

Rz. 8

Maßgebend sind allein die betrieblichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Durchführung der Maßnahme; entfallen die Voraussetzungen später, braucht die Einstellung oder Versetzung nicht aufgehoben werden.[8] Bei der Prüfung, ob betriebliche Gründe vorliegen, scheiden persönliche Umstände, insbesondere Fragen der sozialen Auswahl aus; sie sind lediglich im Zustimmungsersetzungsverfahren gem. § 99 Abs. 4 BetrVG zu berücksichtigen.[9]

 

Rz. 8a

Die Beendigung einer vorläufigen personellen Maßnahme unterliegt nicht der Zustimmung des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Personelle Einzelmaßnahmen i. S. d. genannten Vorschrift können zwar nur nach Zustimmung des Betriebsrats oder deren rechtskräftiger Ersetzung vorgenommen werden. Zu diesen gehört die vorläufige personelle Maßnahme aber nicht. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats bei der Durchführung einer vorläufigen personellen Maßnahme richtet sich vielmehr ausschließlich nach § 100 Abs. 2 BetrVG.[10]

[1] Richardi/Thüsing, § 100 Rz. 8.
[2] Vgl. Fitting, § 100 Rz. 4.
[3] Richardi/Thüsing, § 100 Rz. 8.
[4] So auch Richardi/Thüsing, § 100 Rz. 9; a. A. jedoch DKKW/Bachner, § 100 Rz. 3 und ähnlich Fitting, § 100 Rz. 4.
[5] So aber DKKW/Bachner, § 100 Rz. 3.
[6] So im Ergebnis auch Fitting, § 100 Rz. 4.
[9] BAG, Beschluss v. 7.11.1977, 1 ABR 55/77.

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