Rz. 31

Ähnlich wie § 157 Abs. 3 SGB III ordnet § 158 Abs. 4 Satz 1 SGB III an, dass das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet wird, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht, soweit der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung tatsächlich nicht erhält. Wirtschaftlich betrachtet, tritt bei einer solchen Gleichwohlgewährung die Bundesagentur für Arbeit i. H. d. Arbeitslosengeldes in Vorleistung für den Arbeitgeber.[1] Im Gegenzug dafür geht der Anspruch des Arbeitslosen auf die Entlassungsentschädigung i. H. d. Arbeitslosengeldes auf die Bundesagentur für Arbeit über. Voraussetzung ist lediglich, dass der Arbeitslose die Entlassungsentschädigung tatsächlich (noch) nicht erhalten hat. Wird Arbeitslosengeld nach § 158 Abs. 4 SGB III gezahlt, so erfolgt diese Zahlung endgültig und bleibt auch dann rechtmäßig, wenn der Arbeitslose später die zum Ruhen führende Leistung erhält oder der Arbeitgeber den auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangenen Anspruch erfüllt. Besondere Probleme entstehen dann, wenn der Arbeitgeber vor Beginn des Ruhenszeitraums nur einen Teilbetrag der geschuldeten Abfindung auszahlt. In diesem Fall kann nach Auffassung der Rechtsprechung die Teilzahlung die Gleichwohlgewährung ausschließen.[2]

 

Rz. 32

Im Fall einer Gleichwohlgewährung geht nach § 115 Abs. 1 SGB X der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Zahlung der Entlassungsentschädigung bis zur Höhe der von der Bundesagentur für Arbeit zu erbringenden Leistungen auf diese über.[3] Dies vollzieht sich kraft Gesetzes, ohne dass ein Bescheid oder eine Anzeige seitens der Bundesagentur für Arbeit erforderlich ist. Als Folge hiervon rückt die Bundesagentur für Arbeit in die Rechtsstellung des Arbeitnehmers ein. Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass der Arbeitgeber sich nach §§ 412, 404 BGB auf etwaige Gegenrechte weiterhin berufen kann. D. h. aber auch, dass die Bundesagentur für Arbeit für die Geltendmachung von übergegangenen Ansprüchen tarifliche oder sonstige Ausschluss- und Verjährungsfristen zu beachten hat. Daher wird die Arbeitsverwaltung i. d. R. vom Arbeitgeber eine Erklärung einholen, dass er sich nicht auf Ausschluss- oder Verjährungsfristen berufen wird.[4] Zu einem Forderungsübergang kommt es allerdings nur dann, wenn der Arbeitgeber die dem Arbeitnehmer zustehende Entlassungsentschädigung im Zeitpunkt der Auszahlung des Arbeitslosengeldes tatsächlich noch nicht geleistet hat.[5] Hat aber der Arbeitnehmer die Abfindung erhalten und gewährt die Bundesagentur für Arbeit in Unkenntnis in Form der Gleichwohlgewährung Arbeitslosengeld, so stellt sich diese Gleichwohlgewährung als rechtswidrig dar, mit der Folge, dass die Bundesagentur für Arbeit zunächst den Bewilligungsbescheid aufzuheben hat, um anschließend das Arbeitslosengeld vom Arbeitslosen zurückzufordern.[6] Hat der Arbeitgeber trotz Übergangs des Abfindungsanspruchs auf die Bundesagentur für Arbeit an den Arbeitslosen oder an einen Dritten gezahlt, so erfolgt diese Zahlung mit befreiender Wirkung, sofern der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Zahlung den Übergang des Anspruchs auf die Bundesagentur für Arbeit nicht kannte. Dies ergibt sich aus § 412 BGB i. V. m. § 407 Abs. 1 BGB. Von einer solchen Unkenntnis kann nicht mehr ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber von der Bundesagentur für Arbeit unverzüglich auf einen etwaigen Anspruchsübergang hingewiesen wurde. Erfolgte dagegen die Zahlung in Kenntnis des Forderungsübergangs, kann die Bundesagentur für Arbeit diese Zahlung genehmigen, wobei die Genehmigung ex-tunc wirkt.[7] Dies führt dazu, dass die Bundesagentur für Arbeit dann unmittelbar einen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitslosen hat.[8]

 

Rz. 33

§ 158 Abs. 4 Satz 2 SGB III sieht einen besonderen Erstattungsanspruch der Bundesagentur für Arbeit gegen den Arbeitslosengeldbezieher vor, wenn der Schuldner der Entlassungsentschädigung trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an den Arbeitslosen oder einen Dritten gezahlt hat. Diese Vorschrift ist deshalb notwendig, da der Anspruchsübergang nach § 115 SGB X anders als der Anspruchsübergang nach § 116 SGB X von der Zahlung der jeweiligen Sozialleistung abhängig ist. Insofern kann es vorkommen, dass der Arbeitgeber in Unkenntnis des Anspruchsübergangs nach §§ 412, 407 BGB mit befreiender Wirkung die Entlassungsentschädigung auszahlt. In diesem Fall entsteht ein Erstattungsanspruch gegen den Arbeitslosengeldbezieher. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber die Entlassungsentschädigung nicht an den Arbeitnehmer, sondern an einen Gläubiger des Arbeitnehmers ausgezahlt hat. Der Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes nach § 158 Abs. 4 Satz 2 SGB III ist dabei nicht von der Aufhebung des Bewilligungsbescheids abhängig.[9] Während für die Geltendmachung des übergegangenen Anspruchs regelmäßig die Arbeitsgerichtsbarkeit zuständig ist, kann der Erstattungsanspruch gegen den Arbeitnehmer nach § 158 Abs. 4 Satz 2 SGB III durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden.[10] Dabei ist der Erstattungsansp...

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