Rz. 6

Liegen die oben genannten Voraussetzungen vor, so kann der Insolvenzverwalter beim Arbeitsgericht beantragen festzustellen, dass die Kündigung bestimmter Arbeitnehmer durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und die getroffene Sozialauswahl gerechtfertigt ist.

Der Antrag muss die betroffenen Arbeitnehmer zweifelsfrei identifizieren.[1] Dabei muss erkenntlich sein, welchen Arbeitnehmern bereits gekündigt worden ist oder welche Arbeitsverhältnisse im Zeitpunkt der Antragsstellung zeitnah gekündigt werden sollen. Unerheblich für die hinreichende Bestimmtheit ist es allerdings, dass der Antrag noch keine Angaben hinsichtlich der Kündigungstermine enthält.[2] Handelt es sich um Änderungskündigungen, so sind auch die geänderten Arbeitsbedingungen in den Antrag aufzunehmen.[3]

 

Rz. 7

Für das Verfahren finden die Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes über das Beschlussverfahren entsprechende Anwendung (§§ 80 ff. ArbGG). Es gilt der Untersuchungsgrundsatz[4]: Das Arbeitsgericht ermittelt die Richtigkeit der vorgetragenen Tatsachen von Amts wegen und hört auch Zeugen, die nicht benannt wurden. Verfahrensbeteiligte sind der Insolvenzverwalter, der Betriebsrat (soweit vorhanden) und die im Antrag bezeichneten Arbeitnehmer, falls sie nicht mit der Beendigung ihres Anstellungsverhältnisses oder der Änderung ihrer Arbeitsbedingungen einverstanden sind; ein möglicher Betriebserwerber ist nach § 128 Abs. 1 Satz 2 InsO ebenfalls zu beteiligen.

 

Rz. 8

Das Arbeitsgericht entscheidet lediglich über die Sozialwidrigkeit der Kündigungen; diese Prüfung ist umfassend[5]: Das Arbeitsgericht überprüft daher, ob die Kündigungen durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sind und ob die Grundsätze der Sozialauswahl eingehalten wurden. Die Entscheidung, bestimmte Arbeitnehmer nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG aus der Sozialauswahl herauszunehmen, unterliegt ebenfalls der gerichtlichen Kontrolle. Der Insolvenzverwalter kann – anders als bei § 125 InsO – weder eine Vermutung der Betriebsbedingtheit noch eine Einschränkung der gerichtlichen Überprüfung für sich in Anspruch nehmen.

 

Rz. 9

Andere Unwirksamkeitsgründe – etwa ein Verstoß gegen § 102 BetrVG oder gegen § 17 MuSchG – werden im Verfahren nach § 126 InsO indessen nicht geprüft.

[1] Vgl. ErfK/Gallner/Bubach, § 126 InsO Rz. 3; HWK/Annuß, § 126 InsO Rz. 3.
[2] ArbG Stuttgart, Beschluss v. 19.11.2021, 19 BV 80/21, BeckRS 2021, 41671.
[3] HWK/Annuß, § 126 InsO Rz. 3, Kübler/Prütting/Brock/Göpfert/Dachner, § 126 InsO Rz. 15.
[4] ErfK/Gallner/Bubach, 126 InsO Rz. 3; HWK/Annuß, § 126 InsO Rz. 5.
[5] ErfK/Gallner/Bubach, § 126 InsO Rz. 5; KR/Weigand/Spelge, § 126 InsO Rz. 17.

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