Rz. 45

Bedenken gegen eine ordentliche Kündigung sind dem Arbeitgeber unter Angabe der Gründe spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen (Abs. 2 Satz 1). Liegt vor dem Ablauf der Frist eine abschließende Stellungnahme vor, so ist die Kündigung bereits dann zulässig[1]; ein Abwarten bis zum Ablauf der Frist wäre hier überflüssiger Formalismus[2]. An das Vorliegen einer abschließenden Erklärung stellt das BAG aber hohe Anforderungen. Von einer solchen darf der Arbeitgeber nur ausgehen, wenn er aufgrund besonderer Umstände sicher sein kann, dass der Betriebsrat sich innerhalb der Frist nicht mehr – sei es auch nur ergänzend – äußern werde.[3]

 
Hinweis

Ob eine Stellungnahme abschließend ist, richtet sich nach dem Empfängerhorizont des Arbeitgebers. Im Zweifelsfall hat er davon auszugehen, dass sich der Betriebsrat vor Ablauf der Frist nicht endgültig festlegen will. Die bloße Mitteilung des Betriebsrats, er nehme die Kündigung zur Kenntnis, dürfte daher nicht reichen, wenn nicht eine Übung dahingehend besteht, mit dieser Formulierung die Zustimmung auszudrücken. Ausreichend dürfte es hingegen sein, wenn der Betriebsrat mitteilt, er stimme der beabsichtigten Kündigung ausdrücklich und vorbehaltlos zu, oder erklärt, von einer Äußerung zur Kündigungsabsicht abzusehen.[4]

 

Rz. 46

Bei einer außerordentlichen Kündigung hat der Betriebsrat seine Bedenken unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 3 Tagen, schriftlich mitzuteilen (Abs. 2 Satz 3). Er darf die Frist von 3 Tagen nicht ausschöpfen, sondern muss so bald wie möglich eine Beschlussfassung herbeiführen. Selbst in Eilfällen ist der Arbeitgeber jedoch nicht berechtigt, die Anhörungsfrist zu verkürzen.[5] Im Falle einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist gegenüber einem tariflich unkündbaren Arbeitnehmer[6] steht dem Betriebsrat eine Woche zur Stellungnahme zu[7].

 
Hinweis

Unerheblich ist es daher grds., wenn der Arbeitgeber die Aufforderung zur Stellungnahme mit dem Hinweis verbindet, eine Einlassung vor Ablauf der Wochenfrist sei erforderlich, damit die Kündigungsfrist für einen angestrebten Kündigungstermin gewahrt werde.[8] Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Betriebsrat trotz Erörterung oder Möglichkeit zur Erörterung eine abschließende Erklärung treuwidrig verweigert, um die Einhaltung der Kündigungsfrist unmöglich zu machen. Der Betriebsrat gilt dann nach § 162 BGB als ordnungsgemäß beteiligt.

 

Rz. 47

Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Mitteilung des Arbeitgebers dem Betriebsrat zugeht (vgl. Rz. 37 ff.), diesen Tag nicht mitgerechnet (§ 187 BGB).

 

Rz. 48

Leitet der Arbeitgeber dem Betriebsrat nachträglich ergänzende Informationen zu, beginnt die Frist neu zu laufen[9], wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat zunächst unzureichend unterrichtet und aufgrund einer Rückfrage des Betriebsrats die vollständige Unterrichtung später nachholt[10].

 

Rz. 49

Die Anhörungsfrist ist auch dann gewahrt, wenn der Arbeitgeber am letzten Tag vor Fristablauf ein Kündigungsschreiben an einen Kurierdienst zur Zustellung am folgenden Tag gibt, wenn er bis Ablauf der Frist jederzeit die Zustellung verhindern kann.[11] Gleiches muss folglich auch gelten, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Zugang der Kündigung einen Widerruf zukommen lassen kann, § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Rechtsprechung hat diesen Fall freilich noch nicht entschieden.

 

Rz. 50

Die Anhörungsfrist kann durch Vereinbarung verlängert oder auch abgekürzt werden.[12] Durch einen Aussetzungsantrag nach § 35 BetrVG wird die Frist weder gehemmt noch unterbrochen.[13]

 
Hinweis

Hört der Arbeitgeber den Betriebsrat zu einer außerordentlichen Kündigung an, mit der er bei Unwirksamkeit eine von ihm vorsorglich erklärte oder dahin umgedeutete ordentliche Kündigung verbindet (vgl. Rz. 21), so muss er die für die ordentliche Kündigung maßgebliche Anhörungsfrist abwarten.[14] Wenn ihm dies wegen der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht möglich ist, kann er die Kündigung nur zu verschiedenen Zeitpunkten aussprechen.

 

Rz. 51

Äußert der Betriebsrat sich nicht innerhalb der Anhörungsfrist, so gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Die Bestimmung ist auf eine außerordentliche Kündigung entsprechend anzuwenden.[15] Die Fiktion greift wegen des Zusammenhangs mit Abs. 2 Satz 1 bei der ordentlichen Kündigung auch, wenn die Stellungnahme nicht in der dort vorgeschriebenen Form erfolgt ist. Bei der außerordentlichen Kündigung ist das Anhörungsverfahren hingegen – nicht zuletzt wegen der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB für die Kündigungserklärung – bereits mit der abschließenden Stellungnahme des Betriebsrats beendet, auch wenn die Bedenken nicht in der gesetzlich vorgesehenen Form geäußert wurden.[16]

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