Rz. 37

Nach der Rechtsprechung kann eine Kündigung nach § 138 BGB sittenwidrig sein, wenn der Ausspruch der Kündigung dem "Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" widerspricht.[1] Da § 138 BGB lediglich die Einhaltung eines "ethischen Minimums" verlangt, kann der Vorwurf objektiver Sittenwidrigkeit nur in "besonders krassen Fällen" erhoben werden.[2] Ein solcher ist z. B. gegeben, wenn eine Kündigung ausschließlich damit begründet wird, der Arbeitnehmer habe bei seiner Einstellung eine vage Frage nach etwaigen Ermittlungsverfahren wahrheitswidrig beantwortet, obwohl der Arbeitgeber kein berechtigtes Interesse an der wahrheitsgemäßen Beantwortung dieser Frage hatte.[3] Wenn eine Kündigung ausnahmsweise sittenwidrig ist, gilt § 4 Satz 1 KSchG; der Arbeitnehmer muss die Sittenwidrigkeit innerhalb der 3-Wochen-Frist geltend machen.[4] Die Sonderregelung in § 13 Abs. 2 KSchG betrifft allein den Auflösungsantrag und schließt eine Anwendung von § 4 Satz 1 KSchG daher nicht aus.[5]

[1] BAG, Urteil v. 16.9.2004, 2 AZR 511/03, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 142.
[2] BAG, Urteil v. 22.5.2003, 2 AZR 426/02, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18.
[3] BAG, Urteil v. 15.11.2012, 6 AZR 339/11, NZA 2013, 429, 431 f.
[4] KR/Rennpferdt, § 13 Rz. 58.
[5] HWK/Thies, Arbeitsrecht, § 13 KSchG Rz. 20.

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