Rz. 631

Qualifizierung ist im Arbeitsverhältnis für den Arbeitnehmer unabdingbar, um den Entwicklungen seines Arbeitsbereiches gewachsen zu sein. Gesetzliche Fortbildungspflichten sind dabei jedoch eher die Ausnahme.[1] Im Rahmen der regelmäßigen Weiterentwicklung des Arbeitsumfeldes besteht jedoch eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers, sich fortzubilden, um neue Betriebsmittel und -methoden nutzen zu können, etwa bei der Einführung oder Verbesserung von EDV-gestützter Technik. Der Arbeitnehmer muss dann dafür Sorge tragen, dass er durch seine Kenntnisse und Fähigkeiten weiterhin die Voraussetzungen für die Aufgabenerfüllung vorweisen kann. Zwar handelt es sich insoweit nicht um normierte Rechtspflichten des Arbeitnehmers, wenn die Qualifizierung nicht besonders vertraglich vereinbart ist, aber um eine Obliegenheit, deren Nichterfüllung zu Nachteilen für den Arbeitnehmer führen kann.

 

Rz. 632

Weist der Arbeitnehmer durch mangelnde Qualifizierung im Verlauf des Arbeitsverhältnisses erforderliche Fähigkeiten nicht auf, um seine jeweiligen Aufgaben erledigen zu können, so kann dies eine personenbedingte Kündigung rechtfertigen. Auch hier sind aber Möglichkeiten der Nachschulung, Umschulung, Fortbildung und eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit ggf. zu geänderten Arbeitsbedingungen zu prüfen.

 

Rz. 633

Fehlen Fachkenntnisse, die durch die Entwicklung der Arbeitswirklichkeit erforderlich werden, kann ein personenbedingter Kündigungsgrund nur dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage oder willens ist, die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erlernen, und ihre Beherrschung für die Arbeitserbringung unabdingbar notwendig ist. Der Arbeitgeber ist i. d. R. aus Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten verpflichtet, vor Ausspruch einer personenbedingten Kündigung eine Qualifizierungsmaßnahme auf seine Kosten und unter Anrechnung auf die Arbeitszeit anzubieten und deren Erfolg abzuwarten, wenn der Arbeitnehmer eine solche Maßnahme nicht bereits endgültig abgelehnt hat. Allerdings muss es sich um einen vertretbaren Zeitraum handeln, innerhalb dessen sich der Arbeitnehmer die erforderlichen Kenntnisse aneignen kann. So stellt etwa eine 2-jährige Ausbildung, um die für den Arbeitsplatz notwendigen Programmierkenntnisse zu erlangen, keinen vertretbaren Zeitraum mehr dar (BAG, Urteil v. 19.4.2012, 2 AZR 233/11[2]).

[1] Etwa für Fachkräfte für Arbeitssicherheit nach § 5 Abs. 3 ASiG und für Immissionsschutzbeauftragte nach § 55 Abs. 4 BImSchG; zu weiteren Beispielen Natzel, BB 2010, 697-702.
[2] NZA 2012, 1449.

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