Rz. 170

Den Arbeitnehmer trifft aufgrund seines Arbeitsverhältnisses die Pflicht, die Annahme geldwerter Vorteile, durch die seine Tätigkeit von Dritten beeinflusst oder eine solche Tätigkeit nachträglich belohnt werden soll,[1] zu unterlassen.[2] Nach zutreffender Ansicht ist eine Pflichtwidrigkeit der honorierten Handlung nicht zu fordern, denn auch ein nicht pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers, für das ein Schmiergeld zumindest mitursächlich ist, ist geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu beeinträchtigen. Ein solches Verhalten gibt dem Arbeitgeber berechtigterweise Anlass zu der Befürchtung, die Art und Weise der Ausübung der Dienstpflichten folge anderen Interessen als denen des Arbeitgebers. Freilich können im Einzelfall Abgrenzungsprobleme zu üblichen Trinkgeldern und Gelegenheitsgeschenken auftreten,[3] die aber unter Würdigung der Umstände in den Griff bekommen werden können. Nicht entscheidend ist, ob die Zuwendung auch subjektiv aus der Sicht des Zuwendenden und des Begünstigten in Bezug auf die dienstliche Tätigkeit erfolgte. Ausreichend ist vielmehr, dass objektiv ein enger Zusammenhang zwischen dem Geschenk und der dienstlichen Tätigkeit besteht.[4]

 

Rz. 171

Eine unzulässige Schmiergeldannahme ist sittenwidrig.[5] Der Rückforderung durch den Geber steht zumeist § 817 Satz 2 BGB entgegen. Ein Arbeitnehmer, der in unzulässiger Weise Schmiergelder annimmt, behandelt nach Ansicht der Rspr. des BAG insoweit unbefugt ein Geschäft des Arbeitgebers als sein eigenes und ist deshalb nach § 687 BGB zur Herausgabe der Schmiergelder an den Arbeitgeber verpflichtet.[6] Das – wenigstens auch – fremde Geschäft des Arbeitgebers ist dabei nicht in der Annahme des Schmiergelds zu sehen; der BGH erblickt es in der Vornahme der beeinflussten Handlung des Arbeitnehmers, die ihn dem Umfang nach verpflichtet, alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsführung erlangt hat. Dazu rechnet der BGH "Provisionen", Geschenke und andere Sondervorteile, die dem Beauftragten von dritter Seite zugewandt worden sind und die eine Willensbeeinflussung zum Nachteil des Auftraggebers befürchten lassen; dass sie nach dem Willen des Dritten gerade nicht für den Auftraggeber bestimmt waren, bleibt dabei unbeachtlich.[7] Eine Herausgabepflicht wird auch dann angenommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Dienstverpflichteten selbst, sondern an einen nahen Angehörigen als Strohmann erfolgte.[8]

 

Rz. 172

Eine explizite Pflicht zur unaufgeforderten und unverzüglichen Mitteilung über ein Angebot von Belohnungen oder Geschenken mit Bezug auf die Tätigkeit des Arbeitnehmers sieht § 3 Abs. 2 Satz 3 TVöD vor. Im Übrigen wird teilweise eine Pflicht des Arbeitnehmers zur Benachrichtigung seines Arbeitgebers wegen angebotener, aber zurückgewiesener Schmiergelder angenommen.[9] Richtigerweise aber dürfte der Arbeitnehmer jedenfalls nicht ohne Weiteres zur Benachrichtigung verpflichtet sein,[10] denn nicht jedes gegen die Interessen des Arbeitgebers gerichtete Ansinnen muss der Arbeitnehmer anzeigen. Etwas anderes mag gelten, wenn er zu erwarten hat, dass mit weiteren Bestechungsversuchen zu rechnen ist,[11] etwa weil die mit dem Schmiergeld bezweckte Handlung auch von anderen Kollegen vorgenommen werden kann.

[1] So die Definition des "Schmiergeldes" Reichold in MünchArbR, § 54, Rz. 49.
[2] Künzl in KassHdb, 2.1, Rz. 139.
[3] Linck in Schaub, ArbRHdb, § 53, Rz. 35.
[6] BAG, Urteil v. 15.4.1970, 3 AZR 259/69, AP BGB § 687 Nr. 4.
[9] Linck in Schaub, ArbRHdb, § 53, Rz. 35, allerdings ohne Begründung.
[10] Kraft in Soergel, § 611 BGB, Rz. 151; Reichold in MünchArR, § 54, Rz. 52.
[11] Reichold in MünchArR, § 54, Rz. 52 unter Berufung auf die allgemeine Rücksichtspflicht.

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