Rz. 165

Das BAG hat ein an den Arbeitnehmer gerichtetes Verbot, mit dem Arbeitgeber während Bestehens des Arbeitsverhältnisses in Wettbewerb zu treten, aus einer aus dem Arbeitsvertrag folgenden Neben- bzw. Treuepflicht[1] hergeleitet.[2] Es besteht mithin auch dann, wenn der Einzelarbeitsvertrag keine ausdrückliche Regelungen enthält.[3] Eine eigene gesetzlich schadensersatzbewehrte Regelung eines Verbots zum Betrieb eines Handelsgewerbes findet sich für Handlungsgehilfen in den §§ 60, 61 HGB. Nach ständiger Rspr. konkretisieren diese Vorschriften einen allgemeinen Rechtsgedanken, der seine Grundlage bereits in der Treuepflicht des Arbeitnehmers hat.[4] Danach soll der Arbeitgeber vor Wettbewerbshandlungen seines Arbeitnehmers geschützt sein, weshalb der Arbeitsvertrag für die Dauer seines Bestehens über den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des § 60 HGB hinaus ein Wettbewerbsverbot einschließt.[5] Dieser Gedanke findet sich mit § 241 Abs. 2 BGB nunmehr ausdrücklich im Gesetz wieder.[6] Das Verbot des § 60 HGB ist ebenso wie § 241 Abs. 2 BGB dispositiv und kann sowohl erweitert als auch abbedungen werden.[7]

 

Rz. 166

Der Sinn und Zweck des Verbots kann in unterschiedlicher Weise definiert werden: Zum einen kann er in der Verhinderung der (auch nur abstrakten) Gefahr liegen, dass der Arbeitnehmer, der im Rahmen der Erbringung seiner Arbeitsleistung notwendigerweise mit solchen spezifischen Kenntnissen des Arbeitgebers (etwa über das Produkt und seine Vermarktung) in Berührung kommt, die der Arbeitgeber unter Einsatz seiner Investitionen gewonnen hat, erwirbt und die daraus resultierenden Vorteile seinerseits abschöpfen könnte, wodurch die Investitionen des Arbeitgebers nutzlos würden. Zum anderen kann der Zweck darin gesehen werden, dass dem Arbeitnehmer darüber hinaus untersagt ist, bereits seine eigenen, unabhängig von seiner Tätigkeit bei dem Arbeitgeber vorhandenen Fähigkeiten und Kenntnisse, zu verwerten, wenn er damit zu seinem Arbeitgeber in Wettbewerb tritt. Diese zweite Definition läuft allerdings auf ein Konkurrenzverbot allein um der Vermeidung von Konkurrenz willen hinaus; die Ausschaltung von Konkurrenz als Selbstzweck mag aber kein Umstand sein, der einen solchen Eingriff in die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers rechtfertigen kann.[8] Für die erstgenannte Definition sprechen daher gute Gründe. Die h. M. scheint dennoch von dem zweiten Verständnis auszugehen, denn sie stellt für den Beginn des Verbots auf den rechtlichen, nicht den tatsächlichen Beginn des Arbeitsverhältnisses ab.

 

Rz. 167

Dem Inhalt nach gebietet die Treuepflicht dem Arbeitnehmer alles zu unterlassen, was dem Arbeitgeber oder dem Betrieb abträglich ist. Die bisherige Rspr. war dabei sehr streng: Der Arbeitnehmer durfte deshalb insbesondere im "Marktbereich" seines Arbeitgebers Dienste oder Leistungen nicht Dritten erbringen oder anbieten. Dem Arbeitgeber sollte sein Geschäftsbereich voll und ohne Gefahr der nachteiligen Beeinflussung durch den Arbeitnehmer offenstehen. Für die Dauer des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer – und auch dem Auszubildenden[9] – jede Tätigkeit verboten, die für seinen Arbeitgeber Konkurrenz bedeutet.[10]

Mit einer anderen ergangenen Entscheidung scheint sich ein Wandel der Rspr. anzudeuten. Im Fall eines nebenberuflich tätigen Arbeitnehmers deutete das BAG an, dass im Hinblick auf die Berufsfreiheit[11] des Arbeitnehmers zumindest nicht jede Tätigkeit für Konkurrenten unzulässig ist. Insofern sei in einer Abwägung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob nach Art der Haupt- und Nebentätigkeit und der beteiligten Unternehmen überhaupt eine Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers vorliege. Es spreche viel dafür, dass die Reichweite des Wettbewerbsverbots auf unmittelbare Konkurrenztätigkeiten beschränkt werden muss und bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug – also insbesondere einfache Tätigkeiten – nicht erfasst werden.[12] In ersten Stellungnahmen ist die Entscheidung auf Zustimmung gestoßen[13] – zu Recht. Gravierende Änderungen sind damit jedoch nicht verbunden, weil das Gericht lediglich erhöhte Anforderungen an das Vorliegen von Konkurrenz stellt.

Eine entsprechende Anwendung der §§ 60, 61 HGB auf das Verhältnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist nahe liegend und sei es nur dadurch, dass das Wettbewerbsverbot mit gleichem Inhalt aus der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht bzw. aus Treu und Glauben[14] gefolgert wird.[15] Der zweite Tatbestand des § 60 Abs. 1 HGB, wonach der Arbeitnehmer nicht für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen darf, umfasst auch das bloße Vorbereiten der Vermittlung und des Abschlusses von solcherlei Geschäften, deren Vermittlung und Abschluss dem Angestellten nach seinem Arbeitsvertrag obliegt. Unter den Tatbestand "Betreiben eines Handelsgewerbes" fallen hingegen solche Vorbereitungshandlungen nicht, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen.[16] Auch während des rechtlich fortbestehenden, ta...

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