Rz. 10

§ 305b BGB regelt eine Konkurrrenzfrage und setzt daher voraus, dass sowohl die AGB-Klausel als auch die Individualvereinbarung wirksam zustande gekommen sind, mithin miteinander konkurrieren. Für diesen Fall ordnet § 305b BGB den Vorrang der Individualabrede an. In der rechtswissenschaftlichen Literatur ist die Folgefrage umstritten, welche Konsequenzen ein späterer Wegfall der vorrangigen Individualvereinbarung hat. Einerseits wird vertreten, dass die nachrangige AGB-Klausel überhaupt nicht in den Vertrag einbezogen werde und deshalb nach Wegfall der Individualabrede nicht etwa die abweichende AGB-Klausel, sondern dispositives Gesetzesrecht greife.[1] Diese Sichtweise dürfte jedoch der Natur einer Kollisionsnorm nicht hinreichend Rechnung tragen. AGB und Individualabrede sind rechtstechnisch betrachtet Regelungen gleicher Ebene. Wenn dennoch die Individualabrede zur Nichtigkeit der AGB hätte führen sollen, so hätte der Gesetzgeber im Gesetzestext statt "Vorrang" eine eindeutige andere Formulierung wählen können. In Ermangelung dessen ist davon auszugehen, dass im Zweifel die AGB bei Wegfall der Individualvereinbarung auflebt, es sei denn, die Auslegung entweder der AGB oder der Individualabrede ergibt etwas anderes.[2]

[1] HWK/Roloff, § 305b BGB, Rz. 1.
[2] Im Ergebnis ähnlich Ulmer, in Ulmer/Brandner/Hensen/Schäfer, § 305b BGB, Rz. 11a; Erman/Roloff/Looschelders, § 305b BGB, Rz. 5, 14.

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