Rz. 93

Was für Kündigungen gegenüber schwerbehinderten Menschen in § 174 Abs. 5 SGB IX gesetzlich geregelt ist, gilt auch für andere Kündigungen, denen Verwaltungsverfahren vorgeschaltet sind, etwa nach § 17 Abs. 2 MuSchG und § 18 Abs. 1 BEEG: Zum einen ist die Frist des Abs. 2 auch gewahrt, wenn die Kündigung erst sehr viel später ausgesprochen wird, der Arbeitgeber aber einen Antrag auf Zulässigerklärung bzw. Zustimmung gestellt hat. Zum anderen muss sie unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB; Faustregel: binnen einer Woche), nach Erteilung der beantragten Erlaubnis erfolgen.[1] Wird die Zustimmung nach § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX fingiert, muss der Arbeitgeber unverzüglich mit Ablauf des 14. Tags nach dem Eingang des Antrags bei der zuständigen Behörde tätig werden.[2]

Liegt eine bestandskräftige Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung vor oder wird diese nach § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX fingiert, prüfen die Arbeitsgerichte die Einhaltung der 2-Wochen-Frist nach § 626 BGB bzw. § 174 Abs. 2 SGB IX nicht. Diese Prüfung obliegt dem Integrationsamt bzw. im Falle der Anfechtung der Entscheidung den Verwaltungsgerichten.[3]

 

Rz. 94

Eines unverzüglichen Handelns des Arbeitgebers bedarf es im Falle der Fiktion der Zustimmung des Integrationsamts nach § 174 Abs. 3 Satz 2 SGB IX nicht, wenn die 2-Wochen-Frist des Abs. 2 noch nicht abgelaufen ist. Dies gilt erst recht, wenn der Kündigungsgrund einen Dauertatbestand darstellt (hierzu Rz. 78 ff.) und deshalb der Lauf der Frist des Abs. 2 im Zeitpunkt der Erlaubnis bzw. Zustimmung der Behörde noch nicht einmal begonnen hatte.[4]

[1] BAG, Urteil v. 27.2.20202, AZR 390/19, NZA 2020, 717 Rz. 16 ff.
[2] Zu Einzelheiten s. Thüsing, §§ 168 ff. SGB IX Rz. 25 ff.
[4] Ausführlich und m. w. N. APS/Vossen, 6. Aufl. 2021, § 174 SGB IX, Rz. 21c.

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