Rz. 8

Die Maßstäbe zur Bemessung der Höhe der Vergütung sind vorgegeben in der Reihenfolge der vorrangig anzuwendenden Taxe, soweit eine solche vorhanden ist. Erst wenn dies nicht der Fall ist, kommt es auf die Üblichkeit einer Vergütungshöhe an.

 

Rz. 9

Eine Taxe ist ein bestimmter Vergütungssatz, der durch Bundes- oder Landesrecht festgelegt ist.[1] Taxmäßig festgelegte Vergütungssätze sind heute nur noch für bestimmte Rechtsverhältnisse von Relevanz, die keine Arbeitsverhältnisse sind, so etwa für Ärzte, Architekten, Rechtsanwälte und Steuerberater.[2] Im Arbeitsrecht hat die taxmäßige Vergütung daher keine Bedeutung.

 

Rz. 10

Unter der üblichen Vergütung wird nach verbreiteter Definition eine solche Vergütung verstanden, die im gleichen Gewerbe oder Beruf an dem betreffenden Ort für entsprechende Arbeit gezahlt zu werden pflegt, wobei die persönlichen Verhältnisse des Dienstverpflichteten wie dessen Alter, Berufserfahrung, Familienstand und Kinderzahl zu berücksichtigen sind.[3] Im Übrigen ist auf die Umstände des konkreten Einzelfalls abzustellen. Eine freiwillig überobligatorische Leistung in derselben Tätigkeit wirkt sich nicht auf die Höhe der Vergütung aus.[4] Darüber hinaus sind die Dauer der Tätigkeit für den Arbeitgeber und damit die gewonnene Erfahrung berücksichtigungsfähig.[5] Dabei vermag eine verbotswidrig niedrige Vergütung nur die faktische Üblichkeit zu begründen, kann aber nicht zur Bestimmung der üblichen Vergütung i. S. d. § 612 Abs. 2 BGB herangezogen werden.[6]

Die allgemeine Definition der üblichen Vergütung wird zu Recht für unzureichend gehalten, weil sie außer Acht lässt, dass die Vergütung nicht stets in der Zahlung des Arbeitsentgelts im engeren Sinne beschränkt ist, sondern aus weiteren Zuwendungen wie vermögenswirksamen Leistungen, Personalrabatten, Deputaten und Sonderzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld bestehen kann.[7] Nach der Rechtsprechung des BAG zum Lohnwucher[8] entspricht die übliche Vergütung regelmäßig dem Tariflohn. Eine Üblichkeit der Tarifvergütung kann angenommen werden, wenn mehr als 50 % der Arbeitgeber eines Wirtschaftsgebiets tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50 % der Arbeitnehmer eines Wirtschaftsgebiets beschäftigen.[9] Wenn die verkehrsübliche Vergütung geringer ist, kommt es auf das allgemeine Entgeltniveau im Wirtschaftsgebiet an.[10]

 
Hinweis

Welchem Wirtschaftszweig das Unternehmen des Arbeitgebers zuzuordnen ist, richtet sich nach der durch das Unionsrecht vorgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige.[11]

 

Rz. 11

Fehlt eine übliche Vergütung, so sind die §§ 315, 316 BGB anzuwenden, sodass der Dienstverpflichtete innerhalb der Grenzen billigen Ermessens die Höhe der zu zahlenden Vergütung einseitig bestimmen kann.[12]

[1] ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022, § 612 BGB Rz. 36; zum historischen Hintergrund RGRK/Hilger, 12. Aufl. 1974, § 612 BGB Rz. 56.
[2] Vgl. hierzu ausführlich MünchKomm/Schaub, 3. Aufl. 1998, § 612 BGB Rz. 194 ff.
[3] OLG München, Urteil v. 14.5.2003, 21 U 3523/01, OLGR München 2003, 245; Staudinger/Richardi/Fischinger, 2016, § 612 BGB Rz. 56.
[5] LAG Düsseldorf, Urteil v. 8.11.1977, 8 Sa 1003/76, LAGE § 612 BGB Nr. 1 ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022, § 612 BGB Rz. 37.
[6] BAG, Urteil v. 18.5.2015, 5 AZR 500/14, AP BGB § 138 Nr. 71; ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022, § 612 BGB Rz. 37.
[7] ArbR-BGB/Schliemann, § 612 BGB Rz. 35.
[10] BAG, Urteil v. 18.3.2014, 9 AZR 694/12, AP TzBfG § 4 Nr. 25.
[11] BAG, Urteil v. 16.5.2012, 5 AZR 331/11, AP BGB § 307 Nr. 62.
[12] MünchKomm/Müller-Glöge, 7. Aufl. 2016, § 612 BGB Rz. 31.

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