Verfahrensgang

SG Altenburg (Urteil vom 19.08.1994; Aktenzeichen S-14/Kr-832/93)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Sozialgerichts Altenburg vom19. August 1994 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Versorgung mit dem Bildschirm-Schreibsystem Olivetti Editor 100 bzw. die Versorgung mit einem gleichwertigen Gerät.

Sie ist am 3. Juni 1985 geboren und besucht derzeit eine Ganztagsschule für Körperbehinderte. Die Klägerin leidet an cerebralen Anfallsleiden, Teilleistungsstörungen, leichter cerebraler Beeinträchtigung, Störung der Motorik sowie geringer Hyperopie mit hohem Astigmatismus und daraus resultierender Schwachsichtigkeit beidseitig. Das Sehvermögen mit Brille beträgt rechts und links je 45 v.H.

Unter Beifügung einer hausärztlichen Verordnung beantragte die Klägerin am 14. Juni 1993 die Mitfinanzierung (zusammen mit dem Schulamt) des o.g. Schreibsystems, bei dem es sich um eine Bildschirm-Schreibmaschine im Wert von 2567,01 DM handelt (bestehend aus System, Speicher, Druckeinheit, Bildschirm und Bildschirmhalterung). Die neurologischen Funktionsstörungen in den Bereichen Wahrnehmung, Grobstrich- und Feinmotorik, Koordination und Epilepsie sowie die Sehschwäche machten es erforderlich, daß die Klägerin weitgehend mit einer Schreibmaschine schreibt. Schreibmaschinen mit Display hätten sich nicht als tauglich erwiesen, weil das Flimmern des Displays bei der Klägerin unter Umständen epileptische Anfälle hervorrufe, wenigsten jedoch Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche.

Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil es sich bei dem Schreibsystem um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele. Diese Eigenschaft verliere ein Hilfsmittel auch dann nicht, wenn es wegen einer Behinderung eingesetzt werde (Bescheid vom 6. Juli 1993).

Mit Schreiben vom 12. und 27. Juli 1993 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch. Das Schreibsystem würde fest in der Schule installiert werden, so daß es anderweitiger Nutzung entzogen wäre.

Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück. Bezüglich der Gewährung von Hilfsmitteln ende die Leistungspflicht der Kasse dort, wo die Ausgleichsfunktion bei einem Hilfsmittel oder der therapeutische Zweck eines Hilfsmittels hinter den allgemeinen Gebrauchswert der Gegenstände im täglichen Leben zurücktrete. Die Abgrenzung sei dahin vorzunehmen, daß zu fragen sei, ob der allgemeine Gebrauchszweck – wie hier – oder der therapeutische Wert im Vordergrund stehe. Ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, der im allgemeinen auch von Gesunden benutzt werde, könne demnach keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung begründen, auch wenn er infolge Krankheit oder Behinderung erforderlich sei, wie das Bundessozialgericht bereits entschieden habe (BSG SozR 2200 § 182 b Nr. 6). Dies gelte selbst dann, wie das BSG ebenfalls entschieden habe – Urteil vom 15. Februar 1978, Az.: 3 RK 67/76 –, wenn der Gebrauchsgegenstand behindertengerecht ausgestaltet sei (Widerspruchsbescheid vom 30. September 1993, der Klägerin am 6. Oktober 1993 zugestellt).

Die Klägerin hat hiergegen am 1. November 1993 Klage erhoben. Ihren Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. Juli 1993 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 1993 zu verurteilen, ihr ein Schreibsystem „Olivetti Editor 100” oder ein vergleichbares System als medizinisches Hilfsmittel zu bewilligen, hat das Sozialgericht abgelehnt. Zwar scheitere der Anspruch nicht bereits daran, daß es sich bei dem Schreibsystem um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele, weil dieses in der Schule fest installiert werden solle und damit ausschließlich einem bestimmten Bereich, nämlich der schulischen Ausbildung diene. Das Schreibsystem sei aber nicht im Sinne des § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erforderlich, weil es sich nicht um ein Hilfsmittel, das zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse erforderlich sei, handele, sondern ausschließlich für den Behinderungsausgleich in einen bestimmten Lebensbereich, der Ausbildungsverrichtung, benötigt werde und somit nicht der Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse diene. Denn die schulische Ausbildung der Klägerin, die an sich vom Merkmal der allgemeinen Grundbedürfnisse umfaßt sei, könne auch ohne das von der Klägerin beantragte Schreibsystem befriedigt werden, weil sie in der Lage sei, die in der Schule geforderten Aufgaben auch handschriftlich zu erledigen. Aus der eingeholten Auskunft des Schulleiters ergebe sich zwar, daß sich die schulische Ausbildung unter Zuhilfenahme des begehrten Schreibsystems am effektivsten gestalte. Es sei aber für die Schulausbildung nicht schlichtweg erforderlich. Es könne aber nicht Aufgabe der Kassen sein, eine möglichst effektive schulische Ausbildung durch Gewährleistung eines Hilfsmittels zu sichern (Urteil vom 19. August 1994, der Klägerin am 26. August 1994 zugestellt).

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