Rz. 13

Ebenso wie früher § 182f Abs. 3 RVO enthielt § 34 Abs. 2 eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung. Hierdurch konnten über Abs. 1 hinausgehende weitere Arzneimittel von der Versorgung ausgeschlossen werden, die ihrer Zweckbestimmung nach üblicherweise bei geringfügigen Gesundheitsstörungen verordnet werden. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit hatte von der Verordnungsermächtigung jedoch keinen Gebrauch gemacht.

Abs. 2 wurde zunächst durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz v. 22.12.2010 aufgehoben. Nach Auffassung des Gesetzgebers (BT-Drs. 17/2413 S. 18) war die Ermächtigung des Bundesministeriums für Gesundheit zum Ausschluss von Arzneimitteln gegen geringfügige Gesundheitsstörungen durch Rechtsverordnung nicht erforderlich, da die ansonsten geltenden gesetzlichen Regelungen ausreichen. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel sind nach § 34 Abs. 1 von der Versorgung ausgeschlossen. Im Übrigen legt der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien fest, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel als Therapiestandard zur Behandlung einer schwerwiegenden Erkrankung ausnahmsweise mit Begründung verordnet werden können. Der Gemeinsame Bundesausschuss ist zudem befugt, die Verordnung unzweckmäßiger oder unwirtschaftlicher Arzneimittel einzuschränken oder auszuschließen.

 

Rz. 13a

Das GVWG (vgl. Rz. 5d) hat aufgrund der Beschlüsse des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) mit Wirkung zum 20.7.2021 den Abs. 2 mit neuer Fassung wieder in das Gesetz eingeführt. Abweichend von Abs. 1 Satz 8 erhalten (nur) Versicherte, bei denen eine bestehende schwere Tabakabhängigkeit festgestellt wurde, einen Anspruch auf eine einmalige Versorgung mit Arzneimitteln zur Tabakentwöhnung im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung. Laut der amtlichen Begründung zu der Vorschrift, die erst im Gesetzgebungsverfahren durch den 14. Ausschuss eingebracht wurde, soll so das gesundheitspolitische Ziel erreicht werden, neben den Angeboten zur Raucherentwöhnung im Rahmen vor Präventionsmaßnahmen einen weiteren Anreiz zur Durchführung eines evidenzbasierten Programms zur Tabakentwöhnung zu setzen, um dadurch die Zahl der Raucherinnen und Raucher zu verringern. Dabei versteht der Gesetzgeber unter dem Leistungsanspruch einen Entwöhnungsversuch mit jeweils einem Programmdurchlauf.

Gemäß Abs. 2 Satz 3 wird der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt, in der Arzneimittel-Richtlinie festzulegen, welche Arzneimittel und unter welchen Voraussetzungen im Rahmen von evidenzbasierten Programmen zur Tabakentwöhnung verordnet werden können. Dies schließt die Bestimmung der anzuwendenden Verfahren zur Feststellung einer bestehenden starken Tabakabhängigkeit, zur Dauer der Intervention, der Qualifikation des Personals und der Qualitätssicherung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss ein. Für Arzneimittel zur Tabakentwöhnung die nicht unter § 35a fallen und in den Programmen zur Tabakentwöhnung erstmalig verordnungsfähig werden, kann der Gemeinsame Bundesausschuss eine Nutzenbewertung nach § 139b Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 139a Abs. 3 durch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen beauftragten (so BT-Drs. 19/30560 S. 25).

 

Rz. 13b

Die Regelung zu einer nachvollziehbar beabsichtigten Verringerung der Anzahl der Raucherinnen und Raucher ist ein richtiger Schritt, gesundheitspolitisch aber halbherzig. Spricht Abs. 2 Satz 1 als Ausnahme von der Regel des grundsätzlichen Ausschlusses von Arzneimittel zur Tabakentwöhnung in Abs. 1 Satz 8 von einem Anspruch auf eine einmalige Versorgung, so eröffnet Satz 2 darüber hinaus nochmals eine erneute Versorgung 3 Jahre nach Abschluss der Behandlung nach Satz 1. Die Regelung richtet sich an Versicherte, die Konkretisierung der Zielgruppe ("... bestehende schwere Tabakabhängigkeit ...") bleibt ebenso wie das Kostenvolumen dieser Regelung unklar und wird offenbar in die Richtlinienkompetenz des Gemeinsamen Bundesausschusses übertragen. Nikotinabhängigkeit ist eine Suchterkrankung, hat zahlreiche gravierende gesundheitliche Folgen und ist ein erheblicher Kostenfaktor bei der Behandlung der Folgeerkrankungen. Maßnahmen zur Bekämpfung dieser Sucht sollten daher klarer in den Regelungsbereich gerückt werden. In einer Ausschlussregel wie § 34 wirken sie deplatziert.

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