Rz. 31

Ausnahmsweise kann sich nach der Entscheidung des BVerfG v. 6.12.2005 ("Nikolaus-Beschluss", 1 BvR 347/98; zur Reichweite dieser Entscheidung vgl. BSG, Urteil v. 3.7.2012, B 1 KR 6/11 R; Urteil v. 28.2.2008, B 1 KR 16/07 R; Urteil v. 7.11.2006, B 1 KR 1/06 R) bzw. dem mit Wirkung zum 1.1.2012 eingefügten § 2 Abs. 1a SGB V, mit dem der Gesetzgeber dieser Entscheidung Rechnung getragen hat (BR-Drs. 456/11 S. 73 f.), ein Kostenerstattungsanspruch bei einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode, für die keine Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses vorliegt, aber unabhängig von den oben (vgl. Rz. 29f.) dargestellten Voraussetzungen auch unter Berücksichtigung von grundrechtlichen Belangen eines Versicherten ergeben. Eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine bestimmte neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen, weil der zuständige Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in der Praxis und in der medizinischen Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt hat, verstößt danach gegen das Grundgesetz, wenn folgende 3 Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

  • es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor,
  • bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung,
  • bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (neuen, nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.

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