0 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift ist ursprünglich mit Art. 1 Nr. 181, Art. 37 Abs. 1 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV–Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) mit der Nummer 307a mit Wirkung zum 1.1.2004 eingefügt worden. Die Norm enthielt zunächst Straftatbestände zum Schutz der elektronischen Gesundheitskarte.

 

Rz. 2

Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) v. 15.12.2008 (BGBl. I S. 2426) wurde die ursprüngliche Norm mit Wirkung zum 1.1.2010 um einen Abs. 4 erweitert. Damit wurde der Vorstand einer Krankenkasse im Falle eines Verstoßes gegen Anzeigepflichten hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Krankenkasse gegenüber der Aufsichtsbehörde mit Freiheitsstrafe bedroht.

 

Rz. 3

Durch das Gesetz zur Änderung krankenversicherungsrechtlicher und anderer Vorschriften v. 24.7.2010 (BGBl. I S. 983) erhielt die Norm mit Wirkung zum 30.7.2010 ihre aktuelle Fassung. Die Strafvorschrift enthält die Strafandrohung für den Vorstand der Krankenkasse, der nicht rechtzeitig Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Krankenkasse bei der Aufsichtsbehörde anzeigt. Die Norm wird durch eine Neufassung an die heutige Rechtssetzungspraxis des Nebenstrafrechts angepasst (BT-Drs. 17/1297). Der Straftatbestand wird präziser umschrieben. Der bisherige Text wurde in den neuen § 307b verschoben. Dabei wurde der alte Abs. 4 aufgehoben.

 

Rz. 3a

Art. 1 Nr. 32 des Gesetzes zum Schutz elektronischer Patientendaten in der Telematikinfrastruktur (Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG) v. 14.10.2020 (BGBl. I S. 2115) hat mit Wirkung zum 20.10.2020 die Nummerierung geändert (§ 396). Mit den neuen Kapiteln 11 und 12 werden die bisherigen Regelungen zur Telematikinfrastruktur übernommen und umfassend neu strukturiert. Die Regelung dient der Anpassung des bisherigen Verweises an den neuen Regelungsstandort.

 

Rz. 3b

Art. 1 Nr. 79 des Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) v. 3.6.2021 (BGBl. I S. 1309) hat mit Wirkung zum 9.6.2021 erneut die Nummerierung geändert. Der neue Regelungsstandort ergibt sich, weil neue Vorschriften eingefügt wurden.

 

Rz. 3c

Art. 1 Nr. 71b des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung (Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz – GVWG) v. 11.7.2021 (BGBl. I S. 2754) hat mit Wirkung zum 20.7.2021 in Abs. 1 den fehlerhaften Verweis berichtigt.

1 Allgemeines

1.1 Insolvenzfähigkeit von Krankenkassen

 

Rz. 4

Krankenkasse unterstehen seit dem 1.1.2010 der Insolvenzordnung und sind damit insolvenzfähig (§ 160). § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist sowohl auf bundes- als auch auf landesunmittelbare Krankenkassen nicht anwendbar. Die Insolvenzordnung wird durch spezialgesetzliche Regelungen modifiziert (§ 160 Abs. 2 bis 7).

1.2 Anzeigepflichten des Vorstands

 

Rz. 5

Der Vorstand der Krankenkasse hat der zuständigen Aufsichtsbehörde

  • die Zahlungsunfähigkeit,
  • eine drohende Zahlungsunfähigkeit oder
  • die Überschuldung

unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern, § 121 BGB) anzuzeigen (§ 160 Abs. 2 Satz 1). Es handelt sich um einen Straftatbestand, wenn der Vorstand die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung

  • nicht,
  • nicht richtig oder
  • nicht rechtzeitig

anzeigt (§ 396 Abs. 1). Die Form der Anzeige ist nicht geregelt. Ihr sind allerdings aussagefähige Unterlagen beizufügen, die ebenfalls rechtzeitig, richtig und vollständig vorzulegen sind.

1.3 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Rz. 6

Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt die zuständige Aufsichtsbehörde (§ 160 Abs. 3 Satz 1). Der Vorstand der Krankenkasse ist nicht antragsberechtigt.

1.4 Schließung der Krankenkasse

 

Rz. 7

Mit dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder dem Tag der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, ist die Krankenkasse geschlossen (§ 160 Abs. 5). Eine Schließung der Krankenkasse durch ihre Aufsichtsbehörde ist auch unabhängig von einem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich (§ 159; BSG, Urteil v. 12.3.2013, B 1 A 1/12 R).

1.5 Strafandrohung

 

Rz. 8

Vorsätzliche oder fahrlässige Verstöße gegen die Anzeigepflicht werden mit einer Freiheitsstrafe oder einer Geldbuße geahndet.

2 Rechtspraxis

2.1 Vorsätzlicher Verstoß gegen die Anzeigepflicht (Abs. 1)

 

Rz. 9

Der Vorstand einer Krankenkasse hat deren

  • Zahlungsunfähigkeit,
  • drohende Zahlungsunfähigkeit oder
  • Überschuldung

(Insolvenzgründe; §§ 16 bis 19 InsO) unverzüglich der zuständigen Aufsichtsbehörde unter Beifügung aussagefähiger Unterlagen anzuzeigen (§ 160 Abs. 2 Satz 1). Ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Anzeigepflicht ist strafbar.

 

Rz. 10

  • Eine Krankenkasse ist zahlungsunfähig, wenn sie nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Dies ist i. d. R. anzunehmen, wenn sie ihre Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO).
  • Eine Krankenkasse droht zahlungsunfähig zu werden, wenn sie voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 18 Abs. 2 InsO).
  • Eine Krankenkasse ist überschuldet, wenn ihr Vermögen die bestehenden Verbindlich...

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