Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Arbeitslosigkeit. Verfügbarkeit. postalische Erreichbarkeit. gesetzlicher Feiertag

 

Leitsatz (amtlich)

Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht ohne Rücksicht auf die postalische Erreichbarkeit als grundsätzliche Voraussetzung der Verfügbarkeit, wenn sich die Beschäftigungslosigkeit auf einen einzigen Tag beschränkt und es sich bei diesem um einen gesetzlichen Feiertag handelt.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 27.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.02.2010 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe für den 01.01.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

3. Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld für den 01.01.2010.

Der 1971 geborene Kläger meldete sich am 25.11.2009 in D-Stadt persönlich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte zugleich die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 01.01.2010. Zu diesem Zeitpunkt stand er in einem Arbeitsverhältnis als Arzt im VF. FV-Stadt. Dieses wurde von ihm zum 31.12.2009 gekündigt, um sich ab 02.01.2010 mit einer eigenen Praxis in X-Stadt niederzulassen. Am 25.11.2009 wohnte der Kläger noch in D-Stadt. Im Gespräch mit dem zuständigen Mitarbeiter der Beklagten gab er sowohl seine dortige Wohnanschrift als auch seine neue in A-Stadt und die Adresse seiner zukünftigen Praxis in X-Stadt an. Als voraussichtlichen Umzugstermin nannte er den 18.01.2010. Tatsächlich erfolgte der Umzug jedoch bereits am 01.12.2009.

Im Dezember 2009 versuchte die Beklagte laut entsprechenden Verwerken ihrer zuständigen Mitarbeiter mehrfach vergeblich, den Kläger telefonisch zu erreichen. Der nächste Kontakt zwischen den Beteiligten kam erst am 13.01.2010 zustande. An diesem Tag teilte der Kläger der Beklagten nachträglich den vorgezogenen Umzugstag mit. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27.01.2010 den klägerischen Arbeitslosengeldantrag ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger sei ab 01.01.2010 nicht verfügbar gewesen. Wegen der verspäteten Meldung seines Umzugs sei er für die Beklagte nicht erreichbar gewesen. Am 08.02.2010 (Eingangsdatum) erhob der Kläger Widerspruch gegen diesen Bescheid. Dabei verwies er auf das Gespräch mit dem zuständigen Mitarbeiter der Beklagten in D-Stadt, in dem er seine Pläne detailliert dargelegt habe. Dabei habe er sich unerwartet auf einen konkreten Tag als Umzugsdatum festlegen müssen. Deshalb habe er spontan den 18.01.2010 genannt. Ihm sei aber nicht erläutert worden, dass er eine vorzeitige Adressänderung der Beklagten mitteilen müsse. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2010 wurde der Widerspruch von der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, am 18.03.2010 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 8 AL 21/10 geführt worden ist.

Er ist der Ansicht, dass er für die Beklagte jederzeit verfügbar war. So sei er telefonisch oder per E-Mail erreichbar gewesen. Er habe die Beklagte nach deren Anrufversuchen auch zurückgerufen. Vom 02.01.2010 an sei er für die Beklagte auch postalisch unter seiner Praxisadresse erreichbar gewesen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 27.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.02.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe für den 01.01.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Verfügbarkeit sei nur gegeben, wenn der Arbeitslose seinen Umzug vor dem Umzugstag bei der Beklagten anzeige.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere wegen des jeweiligen weiteren Vorbringens der Beteiligten, wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 27.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.02.2010 war aufzuheben, da er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe für den 01.01.2010.

Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 118 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung durch das Dritte Gesetz für modernen Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (a.F.). Danach hatten Arbeitnehmer seinerzeit Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wenn sie arbeitslos waren, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hatten. Zu Recht streiten die Beteiligten im vorliegenden Fall nur über die erstgenannte Tatbestandsvoraussetzung. Auch dem Gericht erscheint es unproblematisc...

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