rechtskräftig: nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Harnblasenkrebs. Tankstellenpächter. Wartungs- und Lackierarbeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Ursachenzusammenhang zwischen Harnblasenkrebs und einer Tätigkeit als Tankstellenpächter mit Wartungs- und Lackierarbeiten ist auch nach neusten medizinischen Erkenntnissen nicht wahrscheinlich zu machen.

Nr. 30 EDV-Vorblatt LSG

 

Normenkette

SGB VII § 9

 

Verfahrensgang

SG Itzehoe (Urteil vom 12.01.2004; Aktenzeichen S 4 U 124/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 12. Januar 2004 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.

Die Kosten des Gutachtens nach § 109 SGG vom 30. Mai 2005 werden nicht von der Staatskasse übernommen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Harnblasenkrebserkrankung des Klägers als Berufskrankheit anzuerkennen und zu entschädigen.

Der im Jahre 1942 geborene Kläger zeigte der Beklagten seine Erkrankung im Dezember 1999 an und führte sie auf den langjährigen Umgang mit krebserregenden Stoffen als Tankstellenverwalter seit März 1973 zurück.

Im Feststellungsverfahren zog die Beklagte medizinische Befundberichte über den Kläger bei, u. a. einen Bericht vom 16. Januar 2000 der urologischen Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses A., in dem der Kläger operiert worden war. Hierin führt der Chefarzt Prof. Dr. G. zur Vorgeschichte aus, der Kläger habe seit 30 Jahren ca. ein Päckchen Zigaretten pro Tag geraucht.

Der Kläger gab laut Ermittlungsbericht des Technischen Aufsichtsdienstes vom 17. Januar 2000 an, von April 1973 bis Januar 1981 sei er überwiegend im Werkstattbereich der von ihm damals gepachteten Tankstelle tätig gewesen und habe alle Pflege- und Wartungsarbeiten, Kleinreparaturen und Reifenwechsel ausgeführt, u. a. auch Lackierarbeiten, letztere in einem Umfang von zwei Fahrzeugen pro Monat, wobei er ca. vier Stunden pro Fahrzeug benötigt habe. Von Januar 1981 bis September 1991 führte der Kläger nach seinen Angaben in einem anderen von ihm gepachteten Tankstellenbetrieb Lackierarbeiten an ca. zehn Fahrzeugen pro Jahr durch, außerdem in größerem Umfang Entwachsungsarbeiten (ca. sechs Autos pro Tag). Seit August 1991 erledigte der Kläger ausschließlich Verwaltungsarbeiten.

Zum Zigarettenkonsum gab er gegenüber dem Technischen Aufsichtsdienst an, in den letzten 10 bis 15 Jahren zehn Zigaretten pro Tag bis zu seiner Operation geraucht zu haben.

Die Beklagte holte eine gewerbeärztliche Stellungnahme ein und lehnte mit Bescheid vom 27. März 2000 die Gewährung von Leistungen ab. Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufskrankheit Nr. 1303 (Erkrankung durch Benzol oder seine Homologe) oder Nr. 1301 (Schleimhautveränderungen, Krebs und andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine) der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) lägen nicht vor. Es fehle am rechtlich wesentlichen Zusammenhang zwischen versicherter Tätigkeit und Erkrankung. Nach den heutigen wissenschaftlichen und arbeitsmedizinischen Erkenntnissen sei Benzol nicht als Ursache für Blasenkrebs bekannt. Benzol schädige vornehmlich die Blutbildungsorgane. Die Verursachung durch aromatische Amine scheide aus, da eine berufliche Einwirkung kanzerogener aromatischer Amine nicht wahrscheinlich gemacht werden könne.

Mit dem hiergegen gerichteten Widerspruch brachte der Kläger seine Erkrankung weiterhin in einen Zusammenhang mit aromatischen Aminen und bezog sich insoweit auf Forschungsergebnisse, bei denen im Tierversuch eine Harnblasenkarzigonität nachgewiesen worden sei.

Mit Bescheid vom 26. Oktober 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Kläger als unbegründet zurück. Experimentelle und epidemiologische Studien aus 1994 und 1997 hätten die in einer Studie aus 1990 angenommene Erhöhung des Blasenkrebsrisikos nach Benzolexposition nicht bestätigt. Den gefährdeten Beruf des Spritzlackierers habe der Kläger angesichts des nicht nennenswerten Umfangs an Lackierarbeiten nicht ausgeübt.

Am 9. November 2000 hat der Kläger Klage erhoben. Die Beklagte habe nicht hinreichend aufgeklärt, inwieweit er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit gegenüber Benzol, seinen Homologen oder Styrol ausgesetzt gewesen sei. Es gebe eine Reihe von Studien, die auf ein nachhaltig erhöhtes Risiko für Harnwegkrebs durch Exposition mit diesen Stoffen hindeuteten.

Der Kläger hat beantragt,

  1. den Bescheid der Beklagten vom 27. März 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2000 aufzuheben,
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung seiner Harnblasenerkrankung als BK 1303 oder Nr. 1301 der Anlage zur BKV, hilfsweise wie eine BK, Verletztenrente nach einer MdE um 100 v. H. nach Maßgabe des Gesetzes zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden verwiesen.

Das Sozialgericht hat Zeugen- und Sachverständigenbeweis erhoben.

Es hat zunächst das...

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