Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Erfüllung der Anwartschaftszeit. mehrere geringfügige Beschäftigungen. Zusammenrechnung. geringfügige Beschäftigung im Privathaushalt der Eltern. keine abhängige Beschäftigung. Eltern-Kind-Verhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Alg-Anspruch nach dem SGB 3, hier: Anwartschaftszeit bei (mehreren) geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen (ua als Haushaltshilfe bei den Eltern).

 

Orientierungssatz

Hilfeleistungen im Haushalt der Eltern im Rahmen einer familienrechtlichen Verpflichtung können nicht zu einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis führen. Dies ist bei einer einmal wöchentlich maximal vier Stunden umfassenden Unterstützung der Eltern durch die Tochter, auch wenn diese 72 Kilometer entfernt wohnt, daneben einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht und bereits in gesunden Zeiten den Eltern Hilfeleistungen gewährt hat, der Fall.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 17. August 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg).

Die 1962 geborene Klägerin meldete sich am 29. April 2009 zum 13. Mai 2009 arbeitslos. Laut Arbeitsbescheinigung war sie ab dem 1. Januar 2007 bis 31. Oktober 2008 bei der Firma N... KG in Teilzeitarbeit beschäftigt, bis 31. Juli 2007 wurde das Beschäftigungsverhältnis arbeitslosenversicherungsfrei geführt, danach mit einer Wochenstundenzahl von zuletzt elf Stunden. Das Arbeitsentgelt betrug monatlich von September 2007 bis März 2008 252,00 EUR brutto und von April 2008 bis Oktober 2008 350,00 EUR brutto.

Darüber hinaus war die Klägerin vom 1. August 2007 bis 31. Oktober 2008 als Haushaltshilfe im Haushalt ihrer Eltern tätig. Hierfür bezog sie zwischen November 2007 und März 2008 160,00 EUR monatlich bei einer von ihr angegebenen wöchentlichen Arbeitszeit von vier Stunden an jeweils einem Arbeitstag und von April 2008 bis Oktober 2008 60,00 EUR monatlich bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 1,5 Stunden an jeweils einem Arbeitstag in der Woche. Anforderungsgemäß legte sie einen ausgefüllten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vor. Sie habe Hilfe beim Einkauf, Reinigen der Wohnung, Kochen sowie Fahrdienste geleistet. Mit der gesundheitlichen Besserung ihres Vaters sei der Arbeitsplatz dann wieder weggefallen.

Vom 1. November 2008 bis 12. Mai 2009 war die Klägerin als Verkäuferin/Beraterin bei der Firma K... Bürgerservice GmbH tätig, für die sie 13 Stunden wöchentlich gearbeitet hat bei einem beitragspflichtigen Bruttoarbeitsentgelt von 503,10 EUR. Dieses Arbeitsverhältnis wurde durch Kündigung beendet.

Mit Bescheid vom 29. Mai 2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Alg ab, weil die Klägerin innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren vor dem 13. Mai 2009 nicht mindestens 12 Monate in einem Pflichtversicherungsverhältnis gestanden habe. Hiergegen legte die Klägerin im Wesentlichen damit Widerspruch ein, dass bei Mehrfachbeschäftigungen Minijobs zusammengerechnet würden und ab einer Entgeltzahlung von 410,00 EUR monatliche Sozialversicherungspflichtigkeit entstehe. Die Beklagte zog weitere Unterlagen bei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus: die Klägerin habe in der Zeit vom 1. August 2007 bis 31. Oktober 2008 zum einen bei der N... KG eine geringfügige Beschäftigung mit einer maximalen Arbeitszeit von 50 Stunden im Monat ausgeübt bei einer monatlichen Bezahlung von maximal 400,00 EUR. Des Weiteren sei sie als Haushaltshilfe im Haushalt der Eltern tätig gewesen. Da beide Beschäftigungen zusammen die 400,00 EUR-Grenze überschritten, nicht jedoch die 800,00 EUR-Grenze, seien für beide Beschäftigungen die gesamten Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden. Es sei jedoch kein Statusfeststellungsverfahren erfolgt, d. h. es sei von der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht durch Bescheid verbindlich festgestellt worden, dass Versicherungspflicht vorgelegen habe. Bei der Beschäftigung bei den Eltern habe es sich nach den Ermittlungen der Beklagten jedoch nicht um eine echte Arbeitnehmertätigkeit gehandelt. Es sei kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen und von der Klägerin auch nicht dargelegt worden, dass das Verhältnis von Über- und Unterordnung geprägt gewesen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 9. November 2009 Klage vor dem Sozialgericht Lübeck erhoben. Sie sei bei den Eltern abhängig beschäftigt gewesen. Sie habe die Tätigkeit als Haushaltshilfe ausgeübt, weil die Eltern den Haushalt aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr wie bisher hätten führen können. Der Vater sei nach einer Hüftoperation mit anschließender Sepsis gesundheitlich beeinträchtigt gewesen und ihre Mutter, selbst unter einer Art Leukämie erkrankt, habe den kra...

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