Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Abziehbarkeit der für die auswärtige ausbildungsbedingte Unterbringung von Kindern entstandenen Aufwendungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob der Mehrbedarf für ein auswärtig zu Ausbildungszwecken untergebrachtes volljähriges Kind in ausreichendem Maße steuerlich berücksichtigt wird, ist nicht isoliert am Maßstab des Ausbildungsfreibetrages nach § 33 a Abs. 2 EStG zu prüfen. Die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit ist vielmehr unter Zusammenrechnung der Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG sowie des Freibetrages nach § 33 a Abs. 2 EStG vorzunehmen (Anschluss an BFH, Urteil vom 17. Dezember 2009 VI R 63/08, BFHE 227, 487, BStBl II, 341 und BFH, Urteil vom 25. November 2010 III R 111/07, BFHE 231, 567, BStBl II 2011, 281).

2. Nach diesen Maßstäben bestehen gegen die für ein auswärtig untergebrachtes, in Ausbildung befindliches volljähriges Kind im Jahr 2009 nach § 32 Abs. 6 und § 33 a Abs. 2 EStG gewährten Freibeträge keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der nach dem BAföG bei einer auswärtigen Unterbringung von Studierenden vorgesehenen Förderbeträge.

3. Es ist nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 26. Januar 1994 1 BvL 12/86, BVerfGE 89, 346, BStBl II 1994, 307) verfassungsrechtlich nicht geboten, eine einkommensteuerliche Absetzbarkeit von Aufwendungen für die Berufsausbildung von (volljährigen) Kindern, insbesondere auch bei deren auswärtiger Unterbringung, in voller realitätsgerechter Höhe - etwa in Anknüpfung an deren tatsächliche Höhe oder an die volle Höhe der Förderbeträge nach dem BAföG - zu gewährleisten, da es sich nicht um Aufwendungen für die Sicherung des Existenzminimums im engeren Sinne handelt. Ein Verfassungsverstoß liegt nach dieser Rechtsprechung nicht vor, wenn die steuerliche Absetzbarkeit auf die Hälfte der üblicherweise anfallenden Kosten begrenzt ist.

 

Normenkette

EStG §§ 32 Abs. 6, 33a Abs. 2-4; BAföG §§ 13 Abs. 1 Nr. 2, 13 Abs. 2 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob und ggf. in welcher Höhe die Aufwendungen der Kläger für ihre volljährige, im Studium befindliche und auswärtig untergebrachte Tochter im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung steuermindernd zu berücksichtigen sind.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr (2009) gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger erzielten jeweils Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Ihre in 1990 geborene Tochter nahm am 1. September 2009 an der Universität ein Studium auf und bezog außerhalb ihres gelegenen Elternhauses ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft. Aufgrund der persönlichen Einkommenssituation der Kläger erhielt die Tochter keine Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), so dass die Kosten für den allgemeinen Lebensunterhalt der Tochter, Aufwendungen für die Miete von monatlich 236 € sowie Beiträge zur Krankenversicherung der Tochter von den Klägern getragen wurden.

Mit ihrer am 23. November 2010 beim Finanzamt eingegangenen Einkommensteuererklärung machten die Kläger in der Anlage Kind u. a. als „ Schulgeld“ „Studiengebühren Studentenwerk“ in Höhe von 102 € geltend. Darüber hinaus begehrten sie mit einer Anlage zur Einkommensteuererklärung den steuermindernden Abzug von Unterhaltsleistungen für ihre auswärtig untergebrachte Tochter. Sie machten insoweit geltend, dass ihre Tochter mit Aufnahme des Studiums zur Untermiete in einer Wohngemeinschaft gewohnt habe und hierfür eine Miete von 236 € angefallen sei. Ihre Tochter bekomme aufgrund ihrer Einkommenssituation keine BAföG - Leistungen. Die BAföG - Leistungen, die aus dem Steueraufkommen des Staates - bei entsprechender Bedürftigkeit - steuerfrei bereitgestellt würden, müssten dann bei fehlender Bedürftigkeit, aber gleicher Bedarfssituation des Studierenden einkommensmindernd im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung der unterhaltsverpflichteten Eltern berücksichtigt werden. Da nach dem BAföG im Streitjahr für die eigene Wohnung monatlich grundsätzlich 146 €, bei höheren Mietkosten zusätzlich 72 € gezahlt würden (§ 13 Abs. 2 und 3 BAföG), der monatliche Grundbedarf 366 € bei einem Hochschulstudium betrage (§ 13 Abs. 1 BAföG), zudem noch der eigene Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 54 € monatlich im Rahmen der BAföG -Leistungen übernommen werde, betrüge der steuermindernd anzusetzende Betrag vom 1. September 2009 bis 31. Dezember 2009 entsprechend den Regelungen im BAföG 2.552 €.

In dem am 21. Dezember 2010 für das Jahr 2009 erlassenen Einkommensteuerbescheid wurden von dem Beklagten die als Schulgeld geltend gemachten Aufwendungen nicht als Sonderausgaben anerkannt. Darüber hinaus wurde neben dem Freibetrag für Kinder in Höhe von 6.024 € lediglich der zeitanteilige Ausbildungsfreibetrag für die Tochter der Kläger nach § 33 a Abs. 2 EStG in Höhe von 308 € berücksichtigt. Durch die Freibeträge für Kinder oder das Kindergeld - so der Beklagte zur Erläuterung - seien die Aufwendungen für de...

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