Rz. 5

Die Selbsthilfe i. S. d. § 45 versteht sich als eine Erweiterung und Ergänzung der professionellen Hilfsangebote. Ihre Aktivitäten sind dabei auf eine Verbesserung der Lebenssituation vorwiegend von chronisch und schwer Erkrankten ausgerichtet. Wichtig ist nämlich, dass sich behinderte Menschen mit gleichen "Leiden" bzw. Funktions- oder Fähigkeitsstörungen in Gruppen treffen, untereinander austauschen und gegenseitig unterstützen. Charakteristisch für die Selbsthilfe ist ihre Betroffenenkompetenz (eigene Erfahrung durch eigenes Erleben – als Betroffener oder als Angehöriger). Diese schafft die Akzeptanz bei den Adressaten und ermöglicht langjährige und wirksame niederschwellige Beratungs- und Hilfsstrukturen.

Die Selbsthilfe ergänzt damit nicht nur die Maßnahmen zur Rehabilitation und Teilhabe der Rehabilitationsträger, sondern schließt eine Lücke zwischen den Angeboten von Leistungserbringern und Institutionen sowie den Bedürfnissen der unmittelbar betroffenen, chronisch kranken und behinderten Menschen.

Ergänzend hierzu definieren die gesetzlichen Krankenkassen die Selbsthilfe i. S. d. § 20h SGB V (Fundstelle vgl. Rz. 17) als freiwillige Zusammenschlüsse von betroffenen Menschen, deren Aktivitäten sich auf eine gemeinsame Bewältigung eines bestimmten Krankheitsbildes, einer Krankheitsfolge und/oder auch psychischer Probleme richten, von denen sie entweder selbst oder als Angehörige betroffen sind. Sie werden nicht von professionellen Mitarbeitern (z. B. Ärzten, anderen Gesundheits- oder Sozialberufen), also größtenteils ehrenamtlich geleitet. Dies schließt eine gelegentliche Hinzuziehung von Experten zu bestimmten Fragestellungen nicht aus.

Die Selbsthilfearbeit soll neutral und unabhängig von wirtschaftlichen Interessen ausgerichtet sein.

Die Selbsthilfe ist ein Mittel, die soziale und gesellschaftliche sowie die persönliche und seelische Isolation der Betroffenen und deren Angehörigen aufzuheben. Insbesondere bei der Nachsorge kommt den Selbsthilfegruppen eine große Bedeutung zu.

 
Praxis-Beispiel

Die Mitglieder einer Selbsthilfegruppe (alle ehemalige Abhängigkeitserkrankte nach erfolgter Entwöhnung und deren Angehörige) treffen sich zweimal in der Woche, um ihre Freizeit gemeinsam zu gestalten. Sie treffen sich in von der Selbsthilfegruppe organisierten Räumlichkeiten, in denen ausschließlich alkoholfreie Getränke dargereicht werden. Sie

  • verbringen gemeinsam ihre Freizeit in sinnvoller Weise (für viele ehemals Alkoholkranke wird dadurch das Leben wieder lebenswert/strukturiert),
  • finden untereinander soziale Kontakte (sehr wichtig, um die meist bestehende soziale Isolation zu überwinden),
  • tauschen untereinander Erfahrungen aus (z. B., welche Lebensmittel sie meiden müssen, um Rückfällen vorzubeugen) und
  • unterstützen sich in individueller Form gegenseitig (z. B. Förderung der Werte wie Pünktlichkeit, Verlässlichkeit usw.).

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