Rz. 3

Abs. 1 führt den durch die Rechtsprechung entwickelten Bemessungsrahmen in das Bemessungsrecht ein. Der Bemessungsrahmen gibt den Zeitraum wieder, aus dem Entgelt für die Bemessung des Alg entnommen werden kann. Der Bemessungsrahmen umfasst in den Fällen des Abs. 1 und 2 ein Jahr und in den Fällen des Abs. 3 2 Jahre. Im Übrigen ist er unveränderlich. Es handelt sich sozusagen um den maximalen Rahmen, der für die Bildung eines Bemessungszeitraumes zur Verfügung steht.

 

Rz. 4

Der Regelbemessungsrahmen umfasst ein Jahr. Dieser Zeitraum geht der Entstehung des Anspruchs voraus, mit dem das Stammrecht auf Alg begründet wird. Abs. 1 Satz 2 definiert den letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs als Ende des Bemessungsrahmens. Insofern steht der Bemessungsrahmen in keinerlei Beziehung zur Antragstellung auf Alg. Die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen können in ihrer Gesamtheit stets erst nach dem Ende des Bemessungsrahmens erfüllt worden sein, einzelne bereits früher. Dem Gesetzgeber geht es darum, den Bemessungsrahmen möglichst zeitnah an der Entstehung des Stammrechts zu positionieren, um eine möglichst aktuelle Bemessung des Alg aus dem Lebensstandardprinzip heraus zu gewährleisten. Die Grundregel für den Bemessungsrahmen gilt auch, wenn der letzte Tag des letzten versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs keine reguläre Beschäftigung wiedergibt, sondern eine versicherungspflichtige Zeit mit Bezug von Transfer-Kurzarbeitergeld. Dann ist letztlich auch für die Bemessung das ausgefallene Arbeitsentgelt ohne Arbeitsausfall und Mehrarbeit heranzuziehen und nicht etwa das davor beim früheren Arbeitgeber erzielte Arbeitsentgelt (BSG, Urteil v. 6.3.2013, B 11 AL 1/12 R, NZS 2013 S. 594).

Im Idealfall endet der Bemessungsrahmen am Tag vor der Entstehung des Stammrechts auf Alg. In anderen Fällen entstehen Zeitlücken. Diese können darin begründet sein, dass die persönliche Arbeitslosmeldung noch nicht erfolgt ist und auch keine Rückwirkung durch versicherungsfreie Zeiten vor der Entstehung des Anspruchs erlangt wird. Jedenfalls endet der Bemessungsrahmen auch dann am letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruches auf Alg, wenn es sich dabei um eine sonstige versicherungspflichtige Zeit handelt, also nicht um eine Beschäftigungszeit mit Anspruch auf Arbeitsentgelt. Damit erreicht der Gesetzgeber, dass stets die jüngsten Beschäftigungstage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt in die Bemessung eingehen. Dafür ist zu Recht in Kauf genommen worden, dass der Bemessungsrahmen anhand bemessungsirrelevanter Versicherungspflichtzeiten festgestellt wird. Der Beginn des Bemessungsrahmens ist kalendermäßig rückwärts festzustellen (vgl. § 26 Abs. 1 SGB X). Für die Rückrechnung gelten § 187 Abs. 2 und § 188 Abs. 2 BGB.

 
Praxis-Beispiel
 
  • Entstehung des Anspruchs
  1.8.2018
letztes Versicherungspflichtverhältnis 1.5.2014 – 31.7.2018  
Bemessungsrahmen 1.8.2017 – 31.7.2018  
  • Entstehung des Anspruchs
  11.6.2018
letztes Versicherungspflichtverhältnis 1.4.2013 – 4.6.2018  
Bemessungsrahmen 5.6.2017 – 4.6.2018  
  • Entstehung des Anspruchs
  1.3.2018
letztes Versicherungspflichtverhältnis (Freiwilligendienst) 1.7.2017 – 17.1.2018  
versicherungspflichtige Beschäftigung 1.1.2016 – 31.12.201 6
Bemessungsrahmen 18.1.2017 – 17.1.2018  
 

Rz. 5

Die gesetzliche Regelung ermöglicht es, dass im Bemessungsrahmen keinerlei bemessungsrelevante Zeiten enthalten sind. In diesem und dem Fall unzureichender bemessungserheblicher Zeiten ist nach Abs. 3 zu verfahren.

 

Rz. 5a

Eine Verlängerung des Bemessungsrahmens über einen Zeitraum von 2 Jahren hinaus ist nicht möglich (BSG, Urteil v. 6.5.2009, B 11 AL 7/08 R, SozR 4-4300 § 130 Nr. 5). Unter Hinweis auf seine Urteile v. 29.5.2008 (B 11a AL 23/07 R, SozR 4-4300 § 132 Nr. 1, und B 11a/7a AL 64/06 R, nicht veröffentlicht) hat das BSG seine Rechtsprechung bestätigt und verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Umfang des Bemessungsrahmens zurückgewiesen. Der Umstand, dass nach Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 bei der Ermittlung "des Bemessungszeitraums" Teilzeittätigkeiten im dort genannten Umfang außer Betracht bleiben, wenn der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines 6 Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat, führt demnach zu keinem anderen Ergebnis. Denn der Arbeitnehmer erfüllte zwar die Voraussetzungen dieser Vorschrift. Doch Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 stellt demnach ebenso wie die dort in der Nr. 1 bis 3 genannten Zeiten keinen Aufschubtatbestand dar, der zu einer Erweiterung des Bemessungsrahmens auf mehr als 2 Jahre führen könnte. Vielmehr soll der Arbeitslose durch diese Regelungen davor geschützt werden, dass in die Ermittlung des Bemessungsentgelts Entgeltabrechnungszeiträume versicherungspflichtiger Beschäftigungen einfließen, die nach § 131 Abs. 1 i. V. m. § 1...

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