Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Bemessungsentgelt. Arbeitsentgelt. Bezug von Verletztengeld. fiktive Bemessung nach Qualifikationsgruppen. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Beim Verletztengeld gemäß § 45 SGB 7 handelt es sich nicht um Einkommen aus einer nichtselbständigen Tätigkeit und damit nicht um sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt.

2. Gegen die in § 132 SGB 3 vorgesehene Berechnung eines fiktiven Bemessungsentgelts bestehen auch bei Bezug von Verletztengeld keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Normenkette

SGB III Fassung: 2003-12-23 § 132 Abs. 1; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 132 Abs. 2 S. 1; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 132 Abs. 2 S. 2 Nr. 2; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 130 Abs. 1 S. 1; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 130 Abs. 1 S. 2; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 130 Abs. 3 S. 1 Nr. 1; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 131 Abs. 1 S. 1; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 131 Abs. 3; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 25; SGB III Fassung: 2003-12-23 § 26 Abs. 2 Nr. 1; SGB IV § 14 Abs. 1 S. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 13-14

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.03.2014; Aktenzeichen B 11 AL 14/14 B)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 28. Februar 2008 abgeändert.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 9. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2006 verurteilt, das dem Kläger bewilligte Arbeitslosengeld unter Heranziehung der Bezugsgröße West neu zu bestimmen und zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat 1/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von höherem Arbeitslosengeld ab dem 1. November 2005.

Der am … 1953 geborene Kläger ist von Beruf Baufacharbeiter. Er stand zuletzt vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Oktober 2005 in einem Beschäftigungsverhältnis, welches durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde. Das Arbeitsverhältnis wurde unter Beteiligung des Integrationsamtes und der Berufsgenossenschaft aufgelöst, da der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit aufgrund der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 23. Mai 2003 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben und auch auf anderen Arbeitsplätzen nicht mehr zumutbar eingesetzt werden konnte.

In der Zeit vom 5. Juli 2003 bis zum 17. Juli 2005 war der Kläger in Folge des Arbeitsunfalls arbeitsunfähig erkrankt und bezog Verletztengeld nach dem Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII). Dieses betrug für die Zeit vom 5. Juli 2003 bis zum 30. April 2004 ausgehend von einem Entgelt in Höhe von 90,54 EUR täglich 60,29 EUR, für die Zeit vom 1. Mai 2004 bis zum 30. April 2005 ausgehend von einem Entgelt in Höhe von 92,10 EUR täglich 60,29 EUR und vom 1. Mai 2005 bis zum 17. Juli 2005 ausgehend von einem Entgelt in Höhe von 93,20 EUR kalendertäglich 61,01 EUR. Das Bruttoarbeitsentgelt des Klägers betrug 2.198,48 EUR im August 2005, 2.170,20 EUR im September 2005 und 2.112,78 EUR im Oktober 2005.

Auf Antrag des Klägers bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 9. November 2005 ab dem 1. November 2005 für längstens 780 Kalendertage Arbeitslosengeld in Höhe von 28,65 EUR täglich, ausgehend von einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 54,13 EUR, der Lohnsteuerklasse III sowie des erhöhten Leistungssatz von 67 % (ein Kind). Bei der Ermittlung des Bemessungsentgeltes legte sie ein fiktives Arbeitsentgelt in Höhe von 54,13 EUR täglich ausgehend von einem Tagespendelbereich Ost nach der Qualifikationsgruppe 3 der Fiktionsregelung von § 132 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zugrunde.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 15. November 2005 Widerspruch ein, da nach seiner Auffassung das Bemessungsentgelt zu niedrig bemessen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da im Fall des Klägers innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens kein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt habe festgestellt werden können, sei nach § 132 SGB III als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zu Grunde zu legen. Der Kläger habe im auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen vom 1. November 2003 bis zum 31. Oktober 2005 nur an 75 Kalendertagen, nämlich vom 18. Juli 2005 bis zum 30. September 2005, Arbeitsentgelt erzielt. Da er eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf habe, sei er in die Qualifikationsgruppe 3 einzustufen. Hierfür betrage das Bemessungsentgelt täglich 54,13EUR, woraus sich ein tägliches Leistungsentgelt in Höhe von 42,76 EUR und ein Leistungssatz in Höhe von täglich 28,65 EUR ergäben.

Hiergegen hat der Kläger am 2. März 2006 Klage erhoben. Die Berechnung eines fiktiven Bemessungsentgelts sei weder mit dem versicherungsrechtlichen Äquivalenzprinzip noch mit dem Gleichheitsgrundsatz nach Artikel 3 des Grun...

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