2.1 Fairness

Fairness ist, wie oben beschrieben, eine zentrale Dimension von New Pay. Alle weiteren Dimensionen stehen ebenfalls miteinander in Relation, letztlich zahlen jedoch alle auf die "gefühlte Gerechtigkeit", die Fairness, ein. In einer Arbeitswelt, in der Kollaboration und Kooperation die zentralen Pfeiler der Wertschöpfung bilden, wird Fairness zu einem erfolgskritischen Faktor. In einer Top-down-Kultur ist Ungleichbehandlung der elementare Kern des Systems. Ungleichheit können Beschäftigte zwar durchaus als gerecht empfinden, wenn es um Ungleiches geht. Doch angesichts der Komplexität einer digitalisierten Arbeitswelt stellen immer mehr Menschen die Wirksamkeit einer Pyramidenstruktur in Frage. Und wenn Hierarchien verflachen und zunehmend strukturelle Gleichheit entsteht dann stellt eine ungleiche Behandlung die Gerechtigkeit in Frage.

Um zu verstehen, wie sich die Ausprägungen von New Pay in den verschiedenen Dimensionen auf Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit auswirken, helfen einige grundsätzliche Überlegungen zu den beiden Formen der sozialen Gerechtigkeit:

  1. Verfahrensgerechtigkeit: Damit Beschäftigte das Verfahren der Verteilung von Gehalt in einer Organisation als möglichst gerecht empfinden, sollten

    1. Regeln konsistent angewendet werden,
    2. Personen bei Entscheidungen unvoreingenommen sein,
    3. fehlerhafte Entscheidungen korrigiert werden können,
    4. relevante Informationen genutzt und fehlerhafte Vorannahmen vermieden werden,
    5. ethische und moralische Standards erfüllt sein und
    6. die Interessen der Betroffenen einbezogen werden.[1]

    Für Fair Play in Sachen Gehalt müssen Unternehmen also den Rahmen, bestehend aus klaren Regeln für die Gehaltsfindung, festzurren. Diese Regeln gilt es im Sinne von New Pay nachvollziehbar, angemessen und konsistent zu gestalten.

  2. Verteilungsgerechtigkeit: Bei der Verteilungsgerechtigkeit geht es um die Gehaltshöhe – also darum, wie wir den Kuchen (den Unternehmensgewinn) so unter den Beschäftigten einer Organisation verteilen, dass alle dies als möglichst gerecht empfinden. Zu diesem Verteilungsprozess gehört es, dass Unternehmen die Arbeitnehmer bezüglich verschiedener Kriterien untereinander vergleichen oder sie per se als gleichwertig definieren (Einheitsgehalt). Bei New Pay spielt es allerdings nicht immer die Hauptrolle, wer mehr oder weniger arbeitet oder wessen Arbeit wertiger ist als die eines anderen. Eine Verteilung wird vielmehr einfach dann als gerecht empfunden, wenn die Menschen in der Organisation sich darauf einigen, nach welchen Kriterien sie die Verteilung durchführen (Verfahrensgerechtigkeit). Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit sind 2 Seiten ein und derselben Medaille. Der Vergleich mit anderen wird dabei nur dann zum Problem, wenn es nicht um nachvollziehbare Unterschiede, sondern um die unterschiedliche Bewertung oder Wertschätzung geht. Somit ist Verteilungsgerechtigkeit ganz besonders geprägt vom eigenen Wertesystem. Der Marktvergleich kann dabei als neutrale, ausgleichende Instanz dienen.

Letztlich schließt jedes Unternehmen einen Pakt: Es formuliert das eigene Verständnis von Gerechtigkeit und Fairness – auf Grundlage der Unternehmenswerte oder der individuellen Werte der Organisationsmitglieder. Ein Maß für die Fairness eines Gehaltsmodells ist die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ebendiesem. Dies lässt sich beispielsweise in einer Mitarbeiterbefragung evaluieren. Wer hierzu kein Feedback einholt, wird gern von Initiativen innerhalb der Organisation überrascht: Neben der Gerüchteküche sind uns auch Aktionen von Rebellenteams begegnet, die sich gegen die praktizierte Lösung auflehnen – etwa indem Mitarbeiter ihr Gehalt in Eigeninitiative transparent machen oder Diskussionen mit Kollegen anfachen. Auch für New-Pay-Unternehmen heißt es also: Ständig das Erreichte reflektieren und in der Retrospektive kritisch prüfen, ob das eigene Modell (noch) passend und in sich stimmig ist oder nicht.

[1] Vgl. Fischer, S. (2017), New Work – New Pay – Old Justice?, online verfügbar unter: https://www.coplusx.de/2017-11-08-newwork-newpay-oldjustice/, letzter Zugriff 10.4.2019.

2.2 Transparenz

Verfahrensgerechtigkeit: Transparenz ist ein grundlegender Aspekt von Verfahrensgerechtigkeit. Dies belegt die LINOS-2-Studie der Universität Bielefeld aus dem Jahr 2017, die auf einer repräsentativen Befragung von 2.417 sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen beruht. Demnach gilt: Wenn die Lohnfindung nachvollziehbar und transparent ist, sind die Menschen eher geneigt, das Gehalt als gerecht zu bewerten[1]. Dieses Ergebnis widerspricht – scheinbar – den Aussagen von Wirtschaftspsychologen wie Florian Becker von der Wirtschaftspsychologischen Gesellschaft in München. Demnach kann Gehaltstransparenz zu Unzufriedenheit führen, das Selbstwert- und Gerechtigkeitsgefühl empfindlich stören und Kündigungsphantasien oder Rachegelüste auslösen. Gedanken ans Gehalt vergifteten die Atmosphäre. Wer an Geld denke, sei weniger hilfsbereit und es hemme die kollegiale Zusammenarbeit[2]. Laut der genannten ...

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