Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Berufungsschrift gem. § 519 III ZPO eine beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils beigefügt, so wendet sich der Berufungskläger im Zweifel gegen diese Entscheidung, selbst wenn aus der Berufungsschrift ein abweichendes Aktenzeichen hervorgeht.

2. Die über einen Aufsichtsrat verfügende GmbH wird auch gegenüber dem ausgeschiedenen Geschäftsführer vom Aufsichtsrat vertreten.

3. Der Geschäftsführer darf nicht vor Ablauf des für seinen Dienstwagen abgeschlossenen Leasingvertrages ein neues Fahrzeug zu ähnlichen Konditionen anschaffen und die Gesellschaft mit den Kosten der vorzeitigen Vertragsbeendigung belasten.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 04.09.2014; Aktenzeichen 8 O 9/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 4.9.2014 verkündete Urteil des LG Halle abgeändert und der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 9.847,21 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für das Jahr seit dem 18.4.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine im Prozess vom Aufsichtsrat vertretene Gesellschaft der Stadt S., nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen der von ihm ohne Beteiligung des Aufsichtsrats oder der Gesellschafterin initiierten vorzeitigen Beendigung des seinen Dienstwagen betreffenden Leasingvertrags in Anspruch. In Abwicklung dieses Geschäftes kaufte die Klägerin das Altfahrzeug für brutto 32.933,25 EUR und verkaufte es drei Tage später für brutto 26.500 EUR weiter. Nach Auffassung der Klägerin habe der Beklagte damit nicht nur gegen die innergesellschaftliche Kompetenzordnung verstoßen, sondern auch die Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung missachtet.

Der Beklagte hat sich demgegenüber darauf berufen, seinen dienstvertraglichen Anspruch auf ein funktionsfähiges Dienstfahrzeug umgesetzt zu haben, was vor dem Hintergrund nicht mehr bestandener Gewährleistungsansprüche nur durch die vorzeitige Beendigung des Leasingverhältnisses möglich gewesen sei. Das alte Dienstfahrzeug des Beklagten habe ein nicht zu behebendes technisches Problem aufgewiesen. Beim Beschleunigen sei ein unerklärlicher Leistungsabfall aufgetreten. Der An- und Verkauf des Altfahrzeuges hätten in diesem Zusammenhang der Schadensminderung gedient, da der ... -Vertragshändler bei einem leasingvertraglichen Restwert von netto 27.675 EUR für das Fahrzeug nur 20.000 EUR angeboten habe.

Das LG ist dem Beweisangebot des Beklagten zur Fehlerhaftigkeit des Fahrzeuges und zur drohenden finanziellen Einbuße durch Vernehmung des Zeugen N. nachgegangen. Mit Urteil vom 4.9.2014 hat die Kammer für Handelssachen die Klage abgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit der Berufung unter Hinweis auf ihren vom LG zum eingetretenen Schaden teilweise übergangenen Sachvortrag.

Der Beklagte hält das Rechtsmittel bereits für unzulässig. Er verteidigt das Urteil des LG. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das Fahrzeug reparaturbedürftig gewesen und habe zurückgegeben werden müssen. Das LG habe deshalb richtig festgestellt, dass der Klägerin kein Schaden entstanden sei. Das nicht verkehrstaugliche Fahrzeug habe bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Leasingvertrages zu einem geminderten Restwert führen müssen.

Von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird im Übrigen nach §§ 540 II; 313a I 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 1 EGZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg. Das Urteil des LG beruht in seiner Schadensbetrachtung auf einer Rechtsverletzung (§ 513 I ZPO). Tatsächlich ist der Klägerin ein Vermögensschaden i.H.v. 9.847,21 EUR entstanden, für den der Beklagte nach § 43 II, I GmbHG einzustehen hat.

1. Die Berufung ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - in der gesetzlichen Form eingelegt worden (§§ 522 I 1; 519 II ZPO). Das angegriffene Urteil wurde in der Berufungsschrift ausreichend bezeichnet.

Richtig ist, dass die Klägerin in der Berufungsschrift angegeben hat, sich gegen das am 4.9.2014 in der Parallelsache der Parteien verkündete Urteil mit dem Aktenzeichen 8 O 10/14 zu wenden, und erst mit dem Schriftsatz vom 29.10.2014 das Aktenzeichen der angefochtenen Entscheidung (8 O 9/14) berichtigte. Gemäß § 519 II Nr. 1 ZPO muss die Berufungsschrift das Urteil, gegen das sich das Rechtsmittel richtet, eindeutig bezeichnen. Dazu gehört auch die Angabe des zutreffenden Aktenzeichens. Diesbezügliche Fehler sind allerdings dann unschädlich, wenn der daraus folgende Identitätszweifel beseitigt werden kann, weil sich das richtige Aktenzeichen aus der gem. § 519 III ZPO beigefügten Kopie des angefochtenen Urteils ergibt (BGH NJW 2006, 1003; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 519 Rz. 33 m.w.N.; Wulf, in: BeckOK-ZPO, Stand: 1.1.2015, § 519 Rz. 12). Wie die Klägerin im Schriftsatz vom 29.10.2014 ausgeführt hat, war der (auch per Telefax eingereichten) Berufungsschrift eine be...

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