Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes: Einbehalt rückständiger Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Träger der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes haben als Zahlstelle die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aus den Versorgungsbezügen einzubehalten und an die zuständige Krankenkasse zu zahlen.

Ist bei der Zahlung der Versorgungsbezüge die Einbehaltung von Beiträgen unterblieben, sind grundsätzlich die rückständigen Beiträge aus den weiter zu zahlenden Versorgungsbezügen durch Verrechnung einzubehalten.

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 10.05.2019, Az. 6 O 319/18, unter Aufhebung der Kostenentscheidung wie folgt abgeändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von dem Kläger einen über 5.830,25 EUR (bis einschließlich September 2019 bereits einbehaltene 3.300 EUR sowie weitere 2.530,25 EUR) hinausgehenden Teil-Betrag der in dem Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.05.2018 überzahlten Betriebsrente zurückzufordern.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 9/10, die Beklagte zu 1/10.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen den durch die Beklagte seit Oktober 2018 vorgenommenen Einbehalt aus seiner laufenden Betriebsrente von monatlich 275,00 EUR für rückständige Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den Zeitraum 01.01.2014 bis 31.05.2018.

Die beklagte Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versicherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.

Der Kläger wurde vom 11.03.1976 bis zum 31.03.2011 bei der Beklagten zusatzversichert. Er erhält seit dem 01.04.2011 von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Regelaltersrente. Mit Mitteilung vom 16.12.2011 wurde ab demselben Zeitpunkt eine Betriebsrente durch die Beklagte gewährt und zunächst keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einbehalten. Die Krankenkasse des Klägers, die Barmer GEK, meldete der Beklagten als Zahlstelle am 04.09.2012, dass für den Kläger ab dem 01.04.2012 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einzubehalten seien. Diese Meldung setzte die Beklagte in der Mitteilung vom 06.10.2012 um, indem sie die vom 01.04.2012 bis 31.10.2012 abzuführenden Beiträge nachforderte.

Am 13.09.2012 meldete die Barmer GEK, dass für den Kläger ab dem 01.04.2011 keine Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung abzuführen seien. Diese Meldung setzte die Beklagte in der Mitteilung vom 20.11.2012 um, indem sie die bis dahin einbehaltenen Beiträge in Höhe von 906,42 EUR an den Kläger auszahlte und die laufende Rente ab dem 01.12.2012 ohne Einbehalt von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung berechnete. Mit weiterer Meldung vom 13.09.2012 an die Beklagte teilte die Barmer GEK das Ende der Beitragsabführungspflicht zum 31.03.2012 unter Angabe "Grund 7" mit. Diese Meldung der Krankenkasse entsprach jedoch nicht den Verfahrensbestimmungen des maschinellen Zahlstellenmeldeverfahrens: Der angegebene Grund passte nicht zum Inhalt "Ende der Beitragsabführungspflicht". Aufgrund der vorherigen Meldung war die Beitragsermittlung und -abführung bereits rückwirkend zum 01.04.2011 beendet. Aufgrund des nicht korrekten Meldetatbestandes der Krankenkasse wurde die in elektronischer Form erfolgte Meldung sowie die weiteren Meldungen im maschinellen Verfahren nicht verarbeitet. Folglich blieb auch die Meldung der Krankenkasse vom 28.06.2013, dass eine Beitragsabführungspflicht für den Kläger doch besteht, von der Beklagten unbearbeitet. Der Meldefehler wurde bei der Beklagten im Rahmen einer internen Prüfung der Anpassung der Betriebsrente erst am 05.03.2018 erkannt. Mit Mitteilung vom 28.04.2018 setzte die Beklagte entsprechend der Meldung der Barmer GEK vom 28.06.2013 die Einbehaltung und Abführung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung um, indem sie die rückständigen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für die Zeit vom 01.01.2014 bis zum 31.05.2018 mit 6.398,27 EUR bezifferte und gegenüber dem Kläger geltend machte. Zugleich bezifferte sie die ab dem 01.06.2018 unter Berücksichtigung der Beitragsabführungspflicht an den Kläger auszuzahlende Betriebsrente auf 550,35 EUR monatlich. Die bis zum 31.12.2013 entstandenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung wurden wegen Verjährung nicht mehr erhoben. Der Kläger lehnte die Forderung der Beklagten auf Zahlung der rückständigen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung mit Anwaltsschreiben vom 16.05.2018 ab und erhob vorsorglich die Einrede der Verjährung. Mit Schreiben vom 04.09.2018 kündigte die Beklagte die Tilgung ihrer Ansprüche durch die Einbehaltung von m...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Personal Office Platin. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge