Leitsatz (amtlich)

1. Dem Prozessgericht der Drittschuldnerklage ist es verwehrt, an Stelle des Vollstreckungsgerichts eine Ermessensentscheidung nach § 850c Abs. 4 ZPO zu treffen.

2. An eine Entscheidung des Vollstreckungsgerichts gem. § 850c Abs. 4 ZPO ist das Prozessgericht der Drittschuldnerklage gebunden.

3. Zwar obliegt dem Arbeitgeber als Drittschuldner bei einem Blankettbeschluss i.S.v. § 850c Abs. 2 Satz 3 ZPO die Ermittlung des konkret pfändbaren Einkommens, doch genügt er seiner Pflicht ggü. dem Gläubiger regelmäßig schon dadurch, dass er sich beim Vollstreckungsschuldner nach dem Vorliegen gesetzlicher Unterhaltspflichten erkundigt.

4. Hält der Gläubiger die vom Drittschuldner ermittelte Pfändungsgrenze wegen zu Unrecht berücksichtigter Unterhaltspflichten für unrichtig, ist er auf den Antrag an das Vollstreckungsgericht nach § 850c Abs. 4 ZPO zu verweisen.

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 27.03.2007; Aktenzeichen 8 O 129/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Mannheim - 8 O 129/04 - vom 27.3.2007 im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 768 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 82 EUR seit 1.12.2004, aus 246 EUR seit 1.1.2005, aus 254 EUR seit 1.2.2005 sowie aus 186 EUR seit 1.3.2005 abzgl. am 12.9.2003 bezahlter 52 EUR sowie am 26.6.2006 bezahlter 1.855,11 EUR zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

III. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenpartei gegen Sicherheitsleistung durch Bürgschaft i.S.d. § 108 Abs. 1 ZPO i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung in gleicher Art Sicherheit i.H.v. 120 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus einer Gehaltspfändung. Die Beklagte ist eine Steuerberatungsgesellschaft, bei der der Streitverkündete B (nachfolgend nur noch: StV) seit dem 1.2.2003 als Steuerberater angestellt ist. Bis ins Jahr 2008 war der StV auch Geschäftsführer der Beklagten. In dem mit ihm geschlossenen Vertrag ist eine wöchentliche Arbeitszeit von 32 Stunden vereinbart. Zusätzlich ist dem StV gestattet, eine selbständige Tätigkeit als vereidigter Buchprüfer auszuüben. Im Übrigen wird auf die von der Beklagten vorgelegte Arbeitsplatzbeschreibung (I 178) Bezug genommen.

Bis einschließlich Mai 2003 bezog der StV ein monatliches Bruttogehalt von 2.350 EUR, ab Juni 2003 betrug das monatliche Bruttogehalt 2.600 EUR. Zusätzlich hatte der StV einen Anspruch auf eine Direktversicherung und die Nutzung eines Geschäftswagens auch zu privaten Zwecken. Darüber hinaus räumte der Anstellungsvertrag dem StV einen Tantiemenanspruch i.H.v. 25 % des Jahresüberschusses nach Abzug des Verlustvortrages ein.

Die Klägerin betreibt gegen den StV die Zwangsvollstreckung auf der Grundlage eines Versäumnisurteils des LG Mannheim vom 23.4.2002 (11 O 81/02, Anlage K 1, berichtigt durch Beschluss des LG vom 25.1.2005 = I 194) über 230.081,34 EUR nebst Zinsen. Ein am 28.2.2003 erlassener Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des AG Mannheim (Anlage K 2 S. 1) wurde der Beklagten am 5.3.2003 zugestellt. Die Beklagte berücksichtigte in ihren Gehaltsabrechnungen nach den Angaben des StV fünf unterhaltsberechtigte Personen, nämlich die Ehefrau des StV, dessen beiden volljährigen Söhne, die im Haushalt des älteren Sohnes lebende Enkeltochter sowie die Mutter des StV, und überwies am 12.9.2003 an die Klägerin einen Gesamtbetrag von 52 EUR für die Monate März bis August 2003.

Die Ehefrau des StV, eine gelernte Näherin, ist seit 1.2.2003 bei der Beklagten als Sachbearbeiterin beschäftigt. Ihr Aufgabengebiet umfasst insbesondere die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, das Termin- und Personalwesen sowie die allgemeine Verwaltung. Im Übrigen wird auf den Text des Arbeitsvertrages vom 23.5.2003 (I 66 ff.) und die Arbeitsplatzbeschreibung (AH LG Beklagte S. 45 ff.) Bezug genommen. In den Monaten Februar bis einschließlich April 2003, in denen die Ehefrau des StV mehrere Schulungen besuchte, erhielt sie ein Bruttogehalt von je 450 EUR monatlich. Ab Mai 2003 stand ihr ein monatliches Bruttogehalt von 2.200 EUR nebst Weihnachtsgeld in Höhe eines 13. Monatsgehalts zu. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug lt. Arbeitsvertrag 35 Stunden.

Durch Beschluss vom 12.11.2004 (I 158), ergänzt durch Beschluss vom 15.4.2005 (AH OLG Anlage BK 4), ordnete das AG - Vollstreckungsgericht - Mannheim an, dass die vom StV der Beklagten benannten fünf Personen als Unterhaltsberechtigte unberücksichtigt zu bleiben hätten.

Auf sofortige Beschwerde des StV hat das LG Mannheim durch Beschluss vom 11.7.2005 (10 T 62/04; Anl...

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