Entscheidungsstichwort (Thema)

Unlautere Behinderung durch Abwerbungsgespräche am Arbeitsplatz

 

Leitsatz (amtlich)

Das unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Behinderung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestehende Verbot, Arbeitnehmer zum Zwecke der Abwerbung - über eine erste Kontaktaufnahme hinaus - an ihrem Arbeitsplatz anzurufen, besteht auch für Anrufe unter einer Mobilfunknummer, soweit der Anrufer sich nicht zu Beginn des Gesprächs vergewissert hat, dass der Arbeitnehmer sich nicht an seinem Arbeitsplatz oder sonst bei der Arbeit befindet.

 

Normenkette

UWG § 4 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 21.02.2018; Aktenzeichen 2-6 O 319/17)

 

Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 21.2.2018 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt a. M. wird auf Kosten der Antragsgegnerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antragsgegnerin unter Androhung der im angefochtenen Urteil bezeichneten Ordnungsmittel untersagt wird,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Mitarbeiter der Antragstellerin zum Zweck der Abwerbung nach einer ersten Kontaktaufnahme mit weiteren Telefongesprächen unter deren Mobilfunkanschluss anzusprechen und das Gespräch fortzusetzen, ohne sich durch eine Nachfrage zu Beginn des Gesprächs zu vergewissern, dass der Mitarbeiter sich nicht an seinem Arbeitsplatz oder sonst bei der Arbeit befindet.

Das Urteil ist rechtskräftig.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Unterlassungsansprüche wegen unlauterer telefonischer Mitarbeiterabwerbung. Beide Parteien sind bundesweit tätige Personaldienstleistungsunternehmen, welche gewerblich Personal an Dritte überlassen. Ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin kontaktierte einen Mitarbeiter der Antragstellerin in einem Zeitraum von fünf Tagen insgesamt sieben Mal auf dessen privatem Handy, um ihm eine Arbeitsstelle bei der Antragsgegnerin anzubieten.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313 a I, 1 ZPO abgesehen.

Das Landgericht hat der Beklagten bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt, Mitarbeiter der Antragstellerin an ihrem Arbeitsplatz zum Zweck der Abwerbung mit Telefongesprächen anzusprechen, es sei denn ein Telefongespräch geht nicht über eine erste Kontaktaufnahme hinaus.

Hiergegen richtet sie die Berufung der Antragsgegnerin.

II. Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat zu Recht das Verhalten der Antragsgegnerin als wettbewerbswidrig angesehen und diese daher zur Unterlassung verurteilt.

1.) Der Zulässigkeit des Verfügungsantrags steht nicht entgegen, dass eine Unklarheit über das Rechtschutzbegehren der Antragstellerin besteht.

Zwar bestehen im Hinblick auf § 253 II Nr. 2 ZPO Zweifel im Hinblick auf die Bestimmtheit des Streitgegenstandes. So hat die Antragstellerin beantragt - und das Landgericht ist dem mit seiner Beschlussverfügung gefolgt -, der Antragsgegnerin zu untersagen, Mitarbeiter erstmals und unaufgefordert an ihrem Arbeitsplatz zum Zwecke der Abwerbung mit einem Telefongespräch anzusprechen, das über eine erste Kontaktaufnahme hinausgeht. Dieses Verbot umfasst nach dem Wortlaut nur Erstgespräche, keine Folgegespräche. Nach der Antragsbegründung hingegen war aber ersichtlich das Gegenteil gewollt: Im Fall X war der Erstkontakt nach dem Vortrag der Antragstellerin nicht zu beanstanden; sie hat lediglich die Folgegespräche als wettbewerbswidrig angesehen. Das Landgericht hat in der im Widerspruchsverfahren erfolgten Anpassung des Antrags an die Begründung eine "Konkretisierung" gesehen, was deshalb zunächst fraglich erscheint, da der neue Wortlaut etwas anderes darstellt als der ursprüngliche. Im Ergebnis sind diese Bedenken jedoch nicht durchgreifend. Im Rahmen der Hinweispflicht nach § 139 I 2 ZPO hat das Gericht auch auf eine sachdienliche Antragstellung hinzuwirken. Der Gegenstand des Antrags - und damit das nach § 253 II ZPO Notwendige - kann auch nachträglich klargestellt werden. Existiert ein Widerspruch zwischen Antrag und Begründung, ist der Klagegegenstand durch Auslegung zu ermitteln und dem Antragsteller ggf. nach § 139 ZPO zu einer entsprechenden Antragstellung zu raten. Dass das Landgericht hier durch Auslegung zu dem Ergebnis gekommen ist, der Klagegegenstand umfasse nicht den ersten, sondern gerade die Folgeanrufe, wird vom Senat geteilt. Aus der Antragsschrift ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass erst die weiteren Kontaktversuche der Antragsgegnerin streitgegenständlich sein sollten. Auf S. 7 der Antragsschrift führt die Antragstellerin aus, dass das Höchstmaß der vor dem Hintergrund der BGH-Rechtsprechung zulässigen Abwerbeversuche mit der ersten kurzen Kontaktaufnahme erreicht war und die Antragsgegnerin die Gespräche hätte außerhalb der Arbeitszeit festsetzen müssen.

2.) Der Antragstellerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch im Ergebnis zu. Er findet seine Grundlage in §§ 3 I, 4 Nr. 4, 8 UWG, da wettbewerbswidrige Abwerbeversuche von A...

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