vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beurlaubungsbezüge als Versorgungsbezüge i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Versorgungsbezüge sind nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b) EStG u. a. Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, die als Ruhegehalt oder als gleichartiger Bezug nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften des öffentlichen Rechts gewährt werden.
  2. Die Einordnung als den Ruhegehältern gleichartige Bezüge geschieht unabhängig vom Erreichen einer Altersgrenze.
 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 und Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2013

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die während eines dem Ruhestand vorgeschalteten Sonderurlaubs gezahlten Bezüge der Klägerin bereits als Versorgungsbezüge zu behandeln sind.

Die Klägerin ist im Mai 1955 geboren und hat mit ihrer Arbeitgeberin, der D.-Krankenkasse (D-KK), am 15. August 2011 eine Vereinbarung getroffen, wonach sie ab dem 1. Januar 2013 im Alter von 57 Jahren beurlaubt wurde und fortan ein Ruhegeld erhalten hat.

Der Vereinbarung lag eine am 16. Juni 2011 zwischen dem Vorstand und dem Hauptpersonalrat der D-KK geschlossene „Dienstvereinbarung zum bundesweiten Personalausgleich” (DVb) u.a. mit dem Ziel der „Stellenreduzierung im Vertrieb” zugrunde. Nach § 5 DVb wurde Beschäftigten, die am 31. Dezember 2011 das 55. Lebensjahr vollenden oder bereits vollendet haben, die Möglichkeit einer Beurlaubung aus betrieblichen Gründen bis zum Eintritt des Versicherungs- und Versorgungsfalles geboten (Abs. 1). Den Beschäftigten wurde bis zum Rentenbeginn eine monatliche Zahlung von Beurlaubungsbezügen in Höhe des Gesamtruhegeldes nach dem Tarifvertrag begrenzt auf höchstens 69% der gesamtversorgungsfähigen Bezüge gezahlt (Abs. 7). Während der Beurlaubung wurden andere Arbeitseinkommen nicht angerechnet (Abs. 5). Sobald die Voraussetzungen des Versorgungsfalles vorliegen, war von beurlaubten Beschäftigten zum frühestmöglichen Zeitpunkt unverzüglich ein Rentenantrag zu stellen (Abs. 6).

Mit dem Eintritt des Versorgungsfalls wird der Klägerin (nach Abschnitt D der Anlage 7a zu dem für sie geltenden Tarifvertrages) von der D-KK ein Gesamtruhegeld gezahlt, das anhand eines festen Prozentsatzes, höchsten 75%, des sich nach der Dauer der Beschäftigungszeit richtenden ruhefähigen Gehalts bestimmt. Die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wird auf das Gesamtruhegeld angerechnet.

In ihrer Einkommensteuererklärung 2013 begehrte die Klägerin die Einordnung des bis zum Eintritt des Versorgungsfalls gezahlten Ruhegeldes als Versorgungsbezug.

Das beklagte Finanzamt folgte diesem Begehren im Bescheid vom 6. Oktober 2014 nicht und berücksichtigte das Ruhegeld bei der Festsetzung der Einkommensteuer als Arbeitslohn i.S.d. § 19 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Hiergegen wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Vorverfahren mit ihrer Klage.

Sie verweist zur Begründung ihrer Auffassung auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Februar 2009 (VI R 50/07, BFHE 224, 310, BStBl II 2009, 460) zu der sog. „58er-Regelung”. Im Streitfall stellten die von der Klägerin erhaltenen Leistungen wie in dem vom BFH entschiedenen Fall keine Gegenleistung für von ihr erbrachte Dienstleistungen dar.

Die Klägerin beantragt,

unter Änderung des Bescheides über Einkommensteuer für das Jahr 2013 vom 6. Oktober 2014 und des Einspruchsbescheides vom 7. Januar 2015 die Einkommensteuer in der Weise festzusetzen, dass die Bezüge der Klägerin i.H.v. 46.924 € als Versorgungsbezüge i.S.d. § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchstabe b) EStG berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das von der Klägerin genannte Urteil sei im Streitfall nicht einschlägig, weil die Klägerin das 58. Lebensjahr nicht vollendet habe, was nach dem Leitsatz und den Entscheidungsgründen Voraussetzung für die Einordnung der Leistungen als Versorgungsbezüge sei.

Die Beteiligten haben einvernehmlich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist begründet.

1. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit u.a. auch Ruhegelder und andere Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen. § 19 Abs. 2 Satz 1 EStG bestimmt, dass von Versorgungsbezügen ein nach einem Prozentsatz ermittelter, auf einen Höchstbetrag begrenzter Betrag (Versorgungs-Freibetrag) und ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei bleibt. Versorgungsbezüge sind nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG u.a. Bezüge und Vorteile aus früheren Dienstleistungen, die als Ruhegehalt oder als gleichartiger Bezug nach beamtenrechtlichen Grundsätzen von Körperschaften des öffentlichen Rechts gewährt werden.

2. Im Streitfall liegen solche begünstigten Versorgungsbezüge vor.

a. Die Leistungen werden von einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erbracht. Die D-KK ist eine Körperschaft des öffen...

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