2.1 Ersatz durch virtuelles Meeting

Gerade im Bereich der Dienstreisen wurde während der Corona-Zeit ein großes finanzielles und ökologisches Einsparpotential gefunden und gehoben. So wurden z. B. viele Meetings nur noch virtuell durchgeführt und die Dienstreisen damit deutlich reduziert. Diese Entscheidung kann ein Unternehmen ohne Beteiligung des Betriebsrats treffen, da sie das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten des Mitarbeiters betrifft. Hürden sind auch im Arbeitsvertrag nicht zu erwarten. Eine Ausnahme besteht aber z. B. für Sitzungen des Betriebsrats selbst. Ein Arbeitgeber kann die Arbeitnehmervertreter nur in engen Schranken auf digitale Lösungen für Betriebsratssitzungen verweisen.

Gerade im Bereich Schulungen kann die Einrichtung eines virtuellen "Remote-Campus" anstatt der klassischen "Schulungen vor Ort" einen Beitrag zur Reduktion von Dienstreisen leisten. Richtlinien hierzu sind ebenfalls zunächst arbeitsrechtlich ohne Einschränkung möglich, da diese zumeist wiederum die nicht mitbestimmungsrechtliche Ausgestaltung des Arbeitsverhaltens betreffen. Ggf. sind aber einzelvertragliche Absprachen mit den Mitarbeitern zu beachten, z. B. wenn Mitarbeitern bestimmte Arten von externen Schulungen individualrechtlich zugesagt wurden. Zudem müssen bei der Einführung der IT-Tools für Online-Meetings oder -Schulungen die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG beachtet werden.[1]

2.2 Reiserichtlinien

Auch wenn Dienstreisen reduziert werden, bleiben diese ein wichtiges Mittel für die Pflege von Kundenbeziehungen, die Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen in standortübergreifenden Teams oder die Mitarbeiterbindung. Um sie nachhaltiger zu gestalten, können die Reiserichtlinien des Unternehmens überarbeitet werden. Hier kommt es nicht nur darauf an, wann ein Meeting tatsächlich vor Ort durchgeführt werden soll, sondern auch wie die Arbeitnehmer zu diesen Meetings kommen. Insofern können Regelungen wie "Zug vor Flug und Pkw" gewählt werden. Auch können Arbeitnehmer angewiesen werden, bei Dienstfahrten bestimmte Tempolimits einzuhalten (bspw. max. 120 km/h auf Autobahnen), um hierdurch Energie zu sparen und den CO2-Ausstoß zu verringern. Vom Grundsatz her ist eine Reiserichtlinie mitbestimmungsfrei, solange keine der Tatbestände des § 87 BetrVG vorliegen. Wann und unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitnehmer eine Dienstreise antreten kann oder muss, konkretisiert unmittelbar die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers und ist damit ebenfalls mitbestimmungsfrei.

Werden die Reisekosten nach erfolgter Dienstreise digital eingereicht, kann z. B. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG einschlägig sein. Eine Dienstreise kann zudem Arbeitszeit i. S. d. § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG sein. Deswegen sind Dienstreisen dann mitbestimmungspflichtig, wenn sie außerhalb der mit dem Betriebsrat vereinbarten betriebsüblichen Arbeitszeiten durchgeführt werden sollen. Ggf. empfiehlt es sich, die jeweiligen Themen in einer Reiserichtlinie zwischen mitbestimmungspflichtigen und nicht mitbestimmungspflichtigen Themen zu trennen.

Auch das Thema betriebliche Übung oder der Arbeitsvertrag können hier eine Rolle spielen. Bei der Gestaltung sollte deshalb darauf geachtet werden, dass diese Richtlinien jederzeit geändert oder widerrufen werden können.[1]

Auch das Arbeitszeitgesetz ist bei Änderung der Reiserichtlinie zu beachten. Die arbeitszeitrechtliche Behandlung von Dienstreisen ist unabhängig von der Frage der Vergütungspflicht zu beantworten.[2] Eine Umstellung des Vorrangs von Zug vor Pkw kann z. B. bei Außendienstmitarbeitern positive Auswirkungen auf die tatsächliche Arbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz haben und neue Spielräume eröffnen. Gerade Reisen mit der Bahn können aufgrund der sog. Beanspruchungstheorie zu einer erleichterten Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes führen, sofern die Mitarbeiter während der Bahnfahrt nicht zusätzlich noch arbeiten. Das aktuelle Thema der Aufzeichnungspflicht entfällt dadurch selbstverständlich nicht.[3]

[1]

Mehr hierzu s. Merkblatt Reiserichtlinien.

[2]

Mehr zu den unterschiedlichen Arbeitszeitbegriffen s. Arbeitszeit.

2.3 Möglichkeiten steuer- und beitragsfreier Fahrtkosten bei Dienstreisen

Die steuerliche Betrachtung der betrieblichen Mobilität von Dienstreisen bestimmt sich nach dem lohnsteuerlichen Reisekostenrecht. Fahrtkosten bei beruflichen Auswärtstätigkeiten, zu denen auch Dienstreisen zählen, können unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen vom Arbeitgeber steuerfrei übernommen werden.[1] Auch sozialversicherungsrechtlich können Fahrtkosten bei Dienstreisen vom Arbeitgeber beitragsfrei gewährt werden. Die sozialversicherungsrechtliche Bewertung orientiert sich an der steuerlichen Betrachtung.[2]

Folgt man den dargestellten arbeitsrechtlichen Reiserichtlinien, steht an erster Stelle eines für die Unternehmen nachhaltigen Mobilitätskonzepts die Benutzung der Bahn und öffentlicher Verkehrsmittel für dienstliche Reisetätigkeiten. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel kann das Unternehmen die belegmäßig tatsächlic...

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