Wie eingangs dargelegt, ist Mediation eine von mehreren Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung. Bevor ein interner oder externer Mediator mit der Konfliktbearbeitung beauftragt wird, sollte auch stets ein Blick auf mögliche Grenzen der Mediation geworfen werden. Mediation ist in vielen Fällen ein geeignetes Konfliktlösungstool, aber eben nicht immer. Abschließend sollen daher einige Indikatoren beleuchtet werden, bei deren Vorliegen von einer Mediation abzuraten und auf andere Konfliktbearbeitungsmethoden zurückgegriffen werden sollte.

9.1 Fehlende Kooperationsbereitschaft der Konfliktparteien

Die Konfliktbearbeitung im Rahmen einer Mediation setzt ein Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft und Willen zur Mitarbeit voraus. Liegen diese Voraussetzungen bei mindestens einer Konfliktpartei nicht vor, besteht keine realistische Chance, die Mediation zu einem für die Beteiligten zufriedenstellenden Abschluss zu bringen. In derartigen Fällen wäre eine gerichtliche Klärung in Betracht zu ziehen.

9.2 Eskalationsfortschritt des Konflikts

Ähnliches gilt, wenn ein Konflikt eine zu hohe Eskalationsstufe erreicht hat. Hier ist auf das Eskalationsstufenmodell von Friedrich Glasl zu verweisen.[1] Er beschreibt die Eskalation eines Konflikts anhand von neun Stufen, die sich auf drei Ebenen verteilen. Während auf den ersten drei Stufen der ersten Ebene WIN-WIN-Lösungen möglich sind, folgen auf der zweiten Ebene in den Stufen vier bis sechs Lösungen, die fast immer zu einer WIN-LOSE-Situation führen. In den höchsten Eskalationsstufen sieben bis neun auf der dritten Ebene verlieren regelmäßig alle Beteiligten (LOSE-LOSE). Während auf Ebene eins Mediation sehr gut eingesetzt werden kann, gilt dies auf Ebene zwei nur noch mit Einschränkungen. Ist ein Konflikt derart eskaliert, dass er auf der dritten Ebene anzusiedeln ist, wird eine Mediation regelmäßig nicht mehr in Betracht kommen. In Stufe sieben hat ein Konflikt eine Eskalation erreicht, bei der auch ein eigener Schaden als Gewinn angesehen wird, solange der Schaden beim Gegner größer ist. Glasl bezeichnet diese Stufe auch als "Begrenzte Vernichtungsschläge".[2]

[1] Ballreich, R./Glasl, F., Mediation in Bewegung, 2. Aufl. 2011, S. 45 f.
[2] Ballreich, R./Glasl, F., Mediation in Bewegung, 2. Aufl. 2011, S. 46.

9.3 Physische/psychische Gewalt

Eine klassische Mediation dürfte auch dann nur eingeschränkt in Betracht kommen, wenn zumindest eine der Konfliktparteien Opfer physischer und/oder psychischer Gewalt durch eine oder mehrere der übrigen Konfliktparteien geworden ist, wobei auch das Maß der erlittenen Gewalterfahrung eine Rolle spielen kann. So erfordert beispielsweise die Mediation in Mobbingfällen besondere Achtsamkeit.[1]

In Fallkonstellationen mit strafrechtlicher Relevanz kommt Mediation im Rahmen des im Strafrecht anerkannten Modells des Täter-Opfer-Ausgleichs in Betracht.[2]

[1] Vgl. zum Thema Mobbing und Mediation: Krabbe, H, Konfliktfeld Arbeit, Mobbing, in: Fritz, R/Pielsticker, D., Handbuch zum Mediationsgesetz, 2. Aufl. 2020, S. 740, Rn. 96 ff.
[2] Vgl. Kerner, H.-J., Mediation beim Täter-Opfer-Ausgleich, in: Haft, F./von Schlieffen, K., Handbuch Mediation, 3. Aufl. 2016, § 47.

9.4 Fehlende Eigenverantwortlichkeit

Eine Grenze für die Anwendung von Mediation ist auch dann erreicht, wenn eine der beteiligten Konfliktparteien nicht in der Lage ist, eigenverantwortlich zu agieren. Die Gründe dafür können vielfältig sein. In erster Linie wird es um psychische Erkrankungen und Suchterkrankungen gehen, in deren Folge die Verhandlungsfähigkeit der Personen eingeschränkt ist. In besonders gelagerten Fällen kann aber auch ein zu großes Machtungleichgewicht zwischen den Konfliktparteien dazu führen, dass Mediation ungeeignet ist.

9.5 Fehlender Gestaltungsspielraum

Schließlich setzt Mediation immer ein Mindestmaß an Gestaltungsspielraum voraus. Ist dieser aufgrund äußerer Rahmenbedingungen im Unternehmen nicht gegeben, scheidet Mediation als Konfliktbearbeitungsmethode aus, da es kein lösungsoffenes und veränderbares Ergebnis geben kann.

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