Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Ordner- und Überwachungstätigkeiten zur Absicherung von Veranstaltungen. Auftragsverhältnis. Engagementvertrag. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit

 

Leitsatz (amtlich)

Personen, die im Auftrag Ordner- und Überwachungstätigkeiten zur Absicherung von Veranstaltungen, insbesondere Fußballspielen und Festivals, verrichten, sind sozialversicherungspflichtig beschäftigte Arbeitnehmer, wenn sie kein eigenes Gewerbe für die Personenüberwachung angemeldet haben und nicht über den Nachweis einer Sachkundeprüfung nach den Vorschriften der Gewerbeordnung iVm der Bewachungsverordnung verfügen. Der Auftraggeber hat als Arbeitgeber dieser Personen seiner Aufzeichnungspflicht nachzukommen und Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 15. Januar 2019 geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist noch umstritten, ob der Kläger auch für die Beigeladenen zu 1. bis 20. Gesamtsozialversicherungsbeiträge für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 30. September 2012 nachzuentrichten hat.

Der am 1977 geborene Kläger war im streitigen Zeitraum als Einzelunternehmer Inhaber des Unternehmens „I1“. Seit 2013 wickelt er seine Geschäfte über die I2 GmbH & Co. KG ab, deren Kommanditist er mit einer Gewinnbeteiligung von 100 % ist; die GmbH ist als Komplementärin am Gewinn der KG mit 0,00 % beteiligt. Für den streitigen Zeitraum hatte der Kläger eine Gewerbeanmeldung für die Tätigkeiten „Veranstaltungsservice; Ordnertätigkeiten; Vermittlung von Bewachungs- und Sicherheitsaufträgen, Bewachungstätigkeit: Bewachung von Grundstücken und Gebäuden; Begleitservice; Messebau; Hausmeisterservice im nichthandwerklichen Bereich, Einbau genormter Baufertigteile, Systemmontage, Qualitätsmanagement, Forderungsmanagement, Bewachung von Personen, Bewachung von Landfahrzeugen“. Der Kläger hatte im streitbefangenen Zeitraum für sein Unternehmen keine Arbeitnehmer zur Sozialversicherung angemeldet.

Aufgrund einer anonymen Anzeige im Februar 2010, wonach der Beigeladene zu 16. neben dem Bezug von Arbeitslosengeld im Unternehmen des Klägers „schwarz“ arbeite, nahm das Hauptzollamt Magdeburg (im Weiteren: HZA) Ermittlungen gemäß §§ 2 ff. Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) auf und führte am 15. November 2012 eine Geschäftsunterlagenprüfung beim Kläger durch. Dabei gab der Kläger an, 80 bis 85 % seiner Geschäftstätigkeit umfasse den Security-Bereich, hauptsächlich Bewacher- und Ordnertätigkeiten. Er arbeite ausschließlich mit Personal von Subunternehmen und habe mit dem im Übrigen eingesetzten Personal jeweils einen sogenannten Engagementvertrag abgeschlossen, da es sich nach seiner Auffassung hierbei um Selbstständige handle. Die auf diversen Events eingesetzten Kräfte erhielten Arbeitsmittel aus der firmeneigenen Kleiderkammer, wie schwarze Westen mit Firmenaufschrift „I1 “, Funkgeräte, Taschenlampen - falls erforderlich -, Reflexionswesten und Regenjacken mit Firmenaufschrift. Eigenwerbung am Veranstaltungsort sei den eingesetzten Kräften nicht gestattet. Er kümmere sich um die Ausstellung der Bescheinigungen nach § 34a Gewerbeordnung ([GewO] in der hier anwendbaren und vom 18. Dezember 2008 bis zum 12. März 2013 geltenden Fassung) für die durch ihn eingesetzten Kräfte, um der Nachweispflicht gegenüber dem Ordnungsamt nachzukommen. Der Kläger übergab seine Geschäftsunterlagen zu den Bewacher- und Ordnertätigkeiten, u.a. Subunternehmerverträge, Personalunterlagen etc. Darin befanden sich auch die zwischen ihm - dem Kläger - und den von ihm mit Ordnertätigkeiten beauftragten Personen abgeschlossenen Engagementverträge. Diese Vordrucke wurden von allen der Beigeladenen zu 1. bis 20. verwendet. Beispielhaft wird auf den zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 7. geschlossenen Vertrag verwiesen:

Nach Auswertung der vorgenannten Geschäftsunterlagen ermittelte das HZA zunächst bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Magdeburg, ob und ggfs. für welche Zeiträume die ausweislich der beim Kläger sichergestellten Unterlagen von diesem eingesetzten 65 Personen über den Nachweis einer Sachkundeprüfung nach § 34a GewO i.V.m. der Bewachungsverordnung (Bewachungs-VO) als Selbstständige oder als Unselbstständige verfügten und welche der eingesetzten Personen vom Kläger für ihre Einsätze beim Ordnungsamt angemeldet worden waren. Ferner ermittelte das HZA, ob und ggfs. welches Gewerbe sie angemeldet hatten, ob sie laut Finanzamt als Selbstständige oder Nichtselbstständige geführt wurden, von welchen Arbeitgebern sie als Arbeitnehmer angemeldet worden waren und ob sie Leistungen der Agentur für Arbeit bzw. des Jobcenters im Prüfungszeitraum bezogen hatten. Zudem übersandte das HZA an insgesamt 16 Personen jeweils e...

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