Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit bei Meldeversäumnis. rechtmäßige Meldeaufforderung. fehlender Hinweis auf Nachholungsmöglichkeit. Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung. Fortwirkung bei Arbeitsunfähigkeit. Nennung des Sperrzeitbeginns

 

Orientierungssatz

1. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Nachholung der versäumten Meldung an demselben Tag zu einer anderen Uhrzeit im Sinne des § 309 Abs 3 S 2 SGB 3 ist kein zwingender Bestandteil einer rechtmäßigen Meldeaufforderung (vgl LSG Chemnitz vom 25.6.2019 - L 8 AS 615/17).

2. Eine Rechtsfolgenbelehrung bezieht sich nicht nur auf das Nichterscheinen an dem jeweiligen Meldetermin, sondern auch auf den Nachholtermin am ersten Tag der Arbeitsfähigkeit gem § 309 Abs 3 S 3 SGB 3.

2. Für eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung ist keine konkrete Belehrung über den Beginn der drohenden Sperrzeit iS des § 159 Abs 2 S 1 SGB 3 erforderlich.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 18.01.2019 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen drei Sperrzeiten aufgrund von Meldeversäumnissen.

Der im Jahr 1984 geborene Kläger ist verheiratet und hat vier Kinder, die in den Jahren 2011, 2013, 2014 und am 00.10.2017 geboren sind. Die beiden ältesten Kinder besuchten im Jahr 2017 eine Kita. Nach einer Beschäftigung vom 01.02.2015 bis zum 31.05.2016 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 22.06.2016 Arbeitslosengeld für 360 Kalendertage ab dem 02.06.2016. Mit Bescheid vom 14.03.2017 hob die Beklagte diese Bewilligung auf, weil der Kläger, der drei Meldetermine versäumt hatte, nicht verfügbar sei. Nachdem der Kläger sich am 24.04.2017 erneut arbeitslos gemeldet und die Bewilligung von Arbeitslosengeld beantragt hatte, bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 28.04.2017 erneut Arbeitslosengeld bis zum 29.06.2017 iHv täglich 30,76 EUR. Mit Änderungsbescheid vom 15.05.2017 bewilligte die Beklagte (nach Aufhebung einer Sperrzeit im Widerspruchsverfahren) das Arbeitslosengeld bis zum 07.07.2017.

Die Beklagte lud den Kläger mit Schreiben vom 24.04.2017 zum 16.05.2017 um 10:15 Uhr ein, um mit ihm über seine aktuelle berufliche Situation zu sprechen. Mit Schreiben vom 23.05.2017 lud die Beklagte ihn zum 31.05.2017 und mit Schreiben vom 09.06.2017 zum 16.06.2017 jeweils um 8:00 Uhr ein. Inhalt dieser Gespräche sollten jeweils die Leistungsangelegenheiten des Klägers sein. Bei dem Gespräch am 31.05.2017 sollte dem Kläger auch Gelegenheit gegeben werden, sich zu den Gründen zu äußern, aus denen er den Termin am 16.05.2017 versäumt hatte. In den Schreiben findet sich jeweils der Hinweis:

"Sollten Sie am (jeweiliges Meldedatum) arbeitsunfähig erkrankt sein, erscheinen Sie bitte am ersten Tag, an dem Sie wieder arbeitsfähig sind. Ist dieser Tag ein Tag, an dem die Agentur für Arbeit nicht dienstbereit ist (z.B. Samstag, Sonntag, Feiertag), sprechen Sie bitte am folgenden Werktag persönlich in der Agentur für Arbeit vor."

Die Schreiben enthalten keinen Hinweis darauf, dass die Meldepflicht auch dann erfüllt ist, wenn der Kläger sich zu einer anderen Zeit am selben Tag meldet und der Zweck der Meldung erreicht wird.

Den Einladungsschreiben war jeweils eine Rechtsfolgenbelehrung mit dem folgenden Inhalt beigefügt:

"Wenn Sie ohne wichtigen Grund dieser Aufforderung nicht nachkommen, tritt eine Sperrzeit ein (Sperrzeit bei Meldeversäumnis; § 159 Abs. 1 Nr. 6 SGB III). Die Sperrzeit dauert eine Woche. Während der Dauer der Sperrzeit ruht der Anspruch auf Leistungen (Arbeitslosengeld, Arbeitslosenbeihilfe, Teilarbeitslosengeld), das heißt, dass Leistungen nicht gezahlt werden. Ihre Anspruchsdauer mindert sich um die Tage der Sperrzeit. Hinweise dazu, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben wird und wann eine Sperrzeit eintritt, enthält das ‚Merkblatt für Arbeitslose, Ihre Rechte - Ihre Pflichten‘."

Einen Hinweis auf die Pflichtverletzungen und Sanktionen nach dem SGB II (§§ 31 Abs. 2, 31a SGB II) enthalten die Rechtsfolgenbelehrungen nicht.

Der Kläger erschien zu den Terminen nicht. Er legte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeiträume 15.05.2017 bis 17.05.2017, 30.05.2017 bis 06.06.2017 und für den 16.06.2017 vor. Er meldete sich auch nach dem Ende der jeweiligen Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht bei der Beklagten.

Mit "Änderungsbescheid" vom 21.06.2017 stellte die Beklagte Sperrzeiten für die Zeiträume 19.05.2017 bis 25.05.2017, 08.06.2017 bis 14.06.2017 und 20.06.2017 bis 26.06.2017 fest. Während dieser Zeiträume bestehe kein Leistungsanspruch. Die Beklagte minderte die Anspruchsdauer um jeweils sieben Kalendertage. Mit weiterem Bescheid vom 21.06.2017 hob die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes ab dem 26.06.2017 auf, da der Kläger nicht verfügbar sei.

Der Kläger legte gegen die Bescheide vom 21.06.2017 am 26.06.2017 Widerspruch ein, meldete sich am 27.06.2017 er...

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