Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Versorgung mit Hilfsmitteln. kein Ausschluss von Leistungserbringern durch Ausschreibungsverfahren nach § 127 Abs 2 SGB 5. öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung zwischen Krankenversicherungsträgern und Leistungserbringern seit 1.1.2000. Nichtanwendung des nationalen Wettbewerbsrechts. Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See keine öffentliche Auftraggeberin

 

Orientierungssatz

1. Das Ausschreibungsverfahren nach § 127 Abs 2 SGB 5 setzt einen Rahmenvertrag nach § 127 Abs 1 SGB 5 voraus und bildet die Grundlage für die Ermittlung des Durchschnittspreises nach § 127 Abs 3 SGB 5. Es soll hingegen nicht - auch nicht zum zeitweisen - Ausschluss von Leistungserbringern führen.

2. Mit der Neufassung des § 69 SGB 5 durch Art 1 Nr 26 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.12.1999 - BGBl I 2626 (GKVRefG 2000) zum 1.1.2000 sind alle Handlungen der Krankenkassen und ihrer Verbände, die ihre Beziehungen zu den Leistungserbringern sowie hiervon berührten Dritten betreffen, ausschließlich nach öffentlichem Recht zu beurteilen. Dies führt zur Unanwendbarkeit des zivilrechtlichen Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und des zivilrechtlichen Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) (vgl BSG vom 25.9.2001 - B 3 KR 3/01 R = SozR 3-2500 § 69 Nr 1).

3. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ist keine öffentliche Auftraggeberin iS des § 98 Nr. 2 GWB.

 

Tenor

Es wird unter Abänderung des Urteils des SG Düsseldorf vom 11.01.2005 festgestellt, dass die Mitglieder der Klägerinnen von der Beklagten bei der Versorgung mit den von der Ausschreibung erfassten wiederverwendbaren Hilfsmitteln als Leistungserbringer zu berücksichtigen sind.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen für beide Rechtszüge.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Mitglieder der Klägerinnen bei der Versorgung mit wiederverwendbaren Hilfsmitteln als Leistungserbringer von der Beklagten zu berücksichtigen sind.

Die Klägerinnen sind die Innungen für Orthopädie in Nordrhein-Westfalen, denen Handwerksbetriebe, die über Zulassungen als Leistungserbringer von Hilfsmitteln nach § 126 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) verfügen, als Mitglieder angehören. Die Beklagte führt die knappschaftliche Krankenversicherung durch.

Die Klägerinnen hatten unter dem 10.11.1993 mit den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen, einzelnen gesetzlichen Krankenkassen und der Beklagten einen Rahmenvertrag gemäß § 127 Abs. 1 SGB V geschlossen. Gegenstand des Vertrages war die Herstellung, Abgabe und Anpassung von Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfs- und Verbandsmitteln durch Mitgliedsbetriebe der Klägerinnen sowie deren Vergütung. Die Beklagte kündigte den Rahmenvertrag wirksam zum 31.12. 2001. Der Aufforderung der Klägerinnen, Verhandlungen zum Abschluss eines neuen Rahmenvertrages aufzunehmen, kam die Beklagte bislang nicht nach. Die Beteiligten haben am 21.02.2002 lediglich zur vorläufigen Handhabung der Versorgung der knappschaftlich Versicherten mit Hilfsmitteln, die von einer Ausschreibung nicht erfasst sind, schriftlich vereinbart, dass die Abrechnungsmodalitäten und Preisvereinbarungen gemäß dem Rahmenvertrag von 1993 weiter gelten und die Beteiligten an ihren gegensätzlichen Ansichten über die Zulässigkeit von Sonderverträgen bis zur rechtskräftigen Entscheidung im vorliegenden Verfahren festhalten.

Für wiederverwendbare Hilfsmittel, die den Versicherten lediglich leihweise zur Verfügung gestellt werden, führte die Beklagte in den vergangenen Jahren mehrmals Ausschreibungen durch. Die Ausschreibungen erfolgten im Wege eines sog. Offenen Verfahrens nach der Verdingungsordnung für Leistungen - Teil A (VOL/A). Im Einzelnen wurden bestimmte wiederverwendbare Hilfsmittel des Hilfsmittelsverzeichnisses (§ 128 SGB V) in drei (im Jahr 2006) bzw. 4 Fachlose (im Jahr 2004) eingeteilt. (Fachlos 1a: Krankenfahrzeuge - ohne Elektroantrieb und entsprechendes Zubehör; Fachlos 1b: Krankenfahrzeuge - mit Elektroantrieb und entsprechendes Zubehör; Fachlos 1c: Inhalations- und Atemtherapiegeräte und entsprechendes Zubehör; Fachlos 1d - im Jahr 2006 nicht mehr von der Ausschreibung umfasst: sonstige Hilfsmittel und Zubehör, z.B. Lifter, Wechseldruck-Matratzen, Duschstühle). Im Weiteren wurden - bundesweit - Städte, Kreise und Gemeinden, unter Berücksichtigung von Versichertenzahlen und der regionalen Auftragszahlen, zu sogenannten Gebietslosen (die Ausschreibung im Jahr 2004 erfolgte mit 31, die Ausschreibung 2006 mit 32 Gebietslosen) zusammengefasst. Allen interessierten Unternehmen wurde die Möglichkeit eingeräumt, ein Angebot abzugeben. Für jedes Gebietslos ermittelte die Beklagte sodann, differenziert nach dem jeweiligem Fachlos, zwei Leistungserbringer (Ausschreibungsgewinner), denen für 2 Jahre alle in diesem Vertragsbereich anfallenden Versorgungsaufträge übertragen wurden. Weitere im jeweiligen Vertragsbereich (zugelas...

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